13. Apr. 2017

Weg mit dem Speck aus der Leber

Die nicht-alkoholische Fettleber wird immer mehr zur Volkskrankheit. Um Progression und extra­­­he­patische Folgeerkrankungen einzuschränken, gilt es, auf Gewichtsreduktion, mediterrane Diät und Kaffee zu setzen. (Medical Tribune 16/2017)

Die Zahlen zur nicht-alkoholischen Fettlebererkrankung (NAFLD) sind dramatisch. Experten gehen davon aus, dass in Europa etwa jeder Dritte betroffen sein dürfte. In Hochrisikopopulationen wie Diabetikern oder morbid adipösen Patienten ist die Prävalenz mit 70 bzw. 90 Prozent noch weitaus höher. Der Gipfel der ­NAFLD-Welle dürfte aufgrund der zunehmenden Adipositas noch nicht erreicht sein – ganz im Gegenteil: „Die nicht-alkoholische Fettleber wird schon in einigen Jahren die Indikation Nummer eins für die Lebertransplantation darstellen“, so Prim. Univ.-Prof. Dr. Christian Datz, Vorstand der Abteilung für Innere Medizin, Krankenhaus Oberndorf.

Progression verhindern

Doch nicht bei jedem NAFLD-Patienten schreitet die Erkrankung über Steatohepatitis (NASH) und Fibrose zur Zirrhose und gar zum hepatozellulären Karzinom fort. Neben genetischen Faktoren entscheiden das Vorhandensein eines Schlafapnoesyndroms, die Zusammensetzung des Darmmikrobioms und nicht zuletzt die Ernährung mit darüber, ob die Erkrankung einen derart progressiven Verlauf nimmt. Der Ernährung kommt in der Behandlung der NAFLD daher nicht nur eine tragende Rolle zu – Diätologin Birgit Lötsch, Krankenanstalt Rudolfstiftung, geht sogar so weit, die Ernährungstherapie als „einzige relevante Therapie“ bei der NAFLD zu bezeichnen.

Die im vergangenen Jahr im Journal of Hepatology publizierte Leitlinie1 empfiehlt eine Gewichtsreduktion von sieben bis zehn Prozent. Ernährungsempfehlungen für NAFLD-Patienten sollten jedoch nicht nur auf das Ziel der Gewichtsreduktion fokussieren. Um das Fett in den Leberzellen loszuwerden, ist eine fettreduzierte Kost nicht unbedingt der richtige Weg. In Studien habe sich die mediterrane Diät deutlich besser bewährt als eine fettreduzierte, aber verhältnismäßig kohlenhydratreichere Ernährung.

Bösewicht Fruktose

Besonders problematisch sind Softdrinks und Fruchtsäfte mit einem hohen Gehalt an Glukose und Fruktose. Das Monosaccharid Fruktose beeinflusst das intestinale Mikrobiom und begünstigt proinflammatorische Veränderungen in der Leber. „Hier gibt es klare Zusammenhänge, dass zu viel Fruktose in der Fibroseinduktion eine klare Rolle spielt“, betont Datz. An Ratten konnten US-Forscher sogar zeigen, dass hoher Fruktosekonsum den wichtigsten Kupfertransporter im Duodenum blockiert. Ein Fütterungsversuch mit Diäten mit unterschiedlichem Kupfergehalt habe im Tiermodell schon Hinweis auf einen Zusammenhang zwischen Kupfermangel und der Entstehung einer Hepatosteatose gegeben. Künstliche Süßstoffe hält Datz für keine geeignete Alternative, denn: Über eine Modulation des intestinalen Mikrobioms dürften Aspartam & Co die Glukoseintoleranz sogar fördern.

Zu viel Kaffee gibt es nicht

Kaffee zeigt hepatoprotektive Eigenschaften. So sei nicht nur die Inzidenz von Lebererkrankungen bei Kaffeetrinkern niedriger, auch bei Patienten, die bereits an einer Fettleber leiden, vermindert der Konsum die Progredienz der Erkrankung. Eine Obergrenze, ab welcher der Konsum schädlich wird, gibt es nicht – zumindest aus hepatologischer Sicht. Anders sieht es beim Alkohol aus. Moderater Konsum sei zwar in Studien sogar mit geringerer NAFLD- und NASH-Inzidenz assoziiert, so Datz, gemäß der Leitlinie darf jedoch ein Grenzwert von 30 g (Männer) bzw. 20 g (Frauen) nicht überschritten ­werden.

Die mediterrane Diät wird für NAFLD-Patienten empfohlen, in der Literatur finden sich jedoch unterschiedlichste Angaben, was darunter zu verstehen ist. Lötsch zitiert in diesem Zusammenhang einen Review2, der eine einheitliche Definition der mediterranen Diät zum Ziel hatte. Pro Tag sind vorgesehen: 300 g Brot aus Vollkorngetreide bzw. etwas Hafer, 125 g Kartoffeln, 375 g Gemüse und 225 g Obst (ergeben zusammengenommen die „Five a Day“), 35 g Hülsenfrüchte, 20 g Käse, 215 g andere Milchprodukte (Milch und Joghurt), 50 g Fisch, 23 g Ei (entspricht drei Eiern pro Woche).

Als primäre Fettlieferanten dienen 50 g Olivenöl und einige Nüsse pro Tag. Der Fleischkonsum ist mit durchschnittlich 105 g pro Tag gering, rotes Fleisch steht maximal einmal pro Woche auf dem Speiseplan. Mit etwa 42 Prozent Kohlenhydraten entspricht diese Ernährung der oberen Grenze einer Low-Carb-Diät und dem unteren Limit der Empfehlungen für Diabetiker. Mit 36 Prozent ist der Fettanteil nicht gerade gering, doch der Anteil der gesättigten Fettsäuren ist hoch und im Tagesschnitt werden 1,5 bis 2,5 g Omega-3-Fettsäuren aufgenommen. „Der Wirkmechanismus lässt sich jedoch nicht alleine über das Nährstoffverhältnis erklären“, betont Lötsch. Der Polyphenolanteil in Gemüse, Obst und Öl sei ein wesentlicher Aspekt, so Lötsch und fasst zusammen: „Eine gesunde Low-Carb-Ernährung funktioniert nicht ohne viel Obst und Gemüse.“

 

Leberfasten
Kohlenhydratreduzierte „Low Calorie Diets“ mit 800 bis 1000 kcal über zwei Wochen lassen Fettgehalt und Lebervolumen rasch schrumpfen und können als kurzfristige Maßnahme zum Aufbrechen der Insulinresistenz hilfreich sein.

Referenzen:
1 Journal of Hepatology 2016; 64: 1388–1402
2 Davis C et al., Nutrients 2015; 7: 9139–9153

Quelle: 34. Ernährungskongress des Verbandes der Diaetologen Österreichs; Wien, März 2017

Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune