3. März 2021Höchstleistung im Bett

Profisportlern zu besserem Schlaf verhelfen

Frühe Trainingszeiten, Wettkämpfe am späten Abend und private Probleme sind Gift für den Schlafrhythmus. Weil sich solche Stressoren bei Athleten nicht immer vermeiden lassen, müssen Ärzte an anderen Punkten ansetzen.

Junge, weibliche Beine in weißen Turnschuhen, am Bett liegend
istock/Prostock-Studio

Wenn ein Sportler klagt: „Ich kann nicht schlafen“, haben Ärzte ein Problem, schreiben der Sportwissenschaftler Prof. Dr. Neil Walsh von der Liverpool John Noores University und seine Kollegen. Denn wie man in dieser Situation am besten vorgeht, ist kaum belegt. Dies liegt unter anderem an der Vielzahl unterschiedlicher Methoden, mit denen die Schlafqualität beurteilt wird. Sie reichen von objektiven Methoden wie der Polysomnographie bis hin zu subjektiveren Schlaftagebüchern.

Die verschiedenen Sportarten strapazieren die Schlafgewohnheiten der Athleten unterschiedlich stark. Trainingszeiten am frühen Morgen, wie sie bei Schwimmern üblich sind, durchkreuzen die Schlaf-Wach-Rhythmik anders als Wettkämpfe am späten Abend oder in der Nacht (was oft auf Tennisspieler zutrifft). Zusätzlich sind häufige Interkontinentalflüge von Ost nach West oder umgekehrt Gift für regelmäßige Schlafzyklen.

Licht und Melatonin für Vielflieger

Nicht zuletzt reagieren die Profis selbst sehr unterschiedlich auf den Stress, den beispielsweise wichtige Tourniere verursachen. Angst und Nervosität, beim entscheidenden Ereignis zu versagen, auf das man Monate bis Jahre hingearbeitet hat, fördern nicht gerade eine ruhige Nacht.

Damit Ärzte ihre sportlichen Patienten trotzdem so gut es geht behandeln können, haben die Autoren einen Leitfaden mit vier „Tools“ entwickelt:

  1. Am Anfang steht die Aufklärung über die Grundlagen von Schlaf generell, Schlafrhythmen und die richtige Schlafhygiene. Dazu gehören adäquat temperierte Schlafzimmer ohne unnötige Licht- und Lärmquellen (Smartphones am besten komplett ausschalten). Der Rat der Fachleute gegen Jetlags: Bei Flügen nach Westen sind Wettkämpfe am Vormittag bis frühen Nachmittag optimal, bei Reisen in umgekehrte Richtung spielt man besser am späten Nachmittag oder Abend. Lässt sich dies nicht umsetzen, helfen Melatonin vor oder nach dem Flug, Bewegung sowie Licht mit 250–10.000 Lux. Wichtig ist zudem, die Sportler wiederholt aufzuklären.
  2. Wenn manifeste Schlafstörungen mit Krankheitswertbestehen – Screening mit Fragebögen wie dem „Athlete sleep behavior questionnaire“ oder Schlaftagebüchern –, gehört der Sportler zum Schlafmediziner, der weitere Tests durchführt.
  3. Solche Screenings helfen aber auch bei leichten Schlafproblemen: Ihnen kann man problematisches Verhalten entnehmen (der letzte Tweet für die Fans muss noch um ein Uhr morgens raus) und daran ansetzen.
  4. Kommt man jedoch mit den Tools 1 bis 3 nicht weiter, ist ggf. ein Langzeitschlafmonitoringindiziert, z.B. über spezielle am Körper zu tragende Sensoren. Es gibt mittlerweile auch eigens entwickelte Apps, die aber ihrerseits durchaus Schlafstörpotenzial aufweisen. Sie sind daher umstritten, schreiben die Autoren.

Studien zur optimalen Nahrungsergänzung sind noch rar. Bis belastbare Daten vorliegen, sollten Athleten „schlaffördernde“ Präparate meiden – sie können schnell auf der Doping-Liste landen.

Schlaf bunkern

Sportler können nicht unbedingt schlafen, wann sie wollen. Sie können für diese Situationen aber „vorschlafen“, d.h. an mehreren Tagen bis Wochen für neun bis zehn Stunden pro Nacht. Bereits eine Woche hat nachweislich positive Effekte auf die sportliche Leistung. Ungewiss ist jedoch, ob jeder in gleichem Maße davon profitiert.

Eine Alternative stellen kurze „Naps“ für maximal 30 Minuten dar, idealerweise nachmittags zwischen 13 und 16 Uhr. Paradoxerweise scheint eine Tasse Kaffee unmittelbar vorher den Effekt noch zu verstärken (sog. „coffein nap“): Das Koffein fängt gerade dann an zu wirken, wenn das Nickerchen ohnehin beendet werden muss.

Walsh N et al. Br J Sports Med 2020; doi: 10.1136/bjsports-2020-102025

Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune