14. Mai 2014

Nicht-alkoholische Fettleber, was nun?

WIESBADEN – Sie haben bei einem Patienten im Ultraschall zufällig eine Fettleber gefunden. Alkohol ist Ihres Wissens nach nicht im Spiel. Sie vermuten eine nicht alkoholische Fettleber-Erkrankung. Wie geht es nun diagnostisch und therapeutisch weiter?

Der Begriff nicht alkoholische Fettlebererkrankungen (non alcoholic fatty liver disease, NAFLD) umfasst

  • die einfache Fettleber ohne entzündliche Veränderungen,
  • die Steatohepatitis (NASH) und
  • die Steatofibrose.

Die Erkrankung kann bis zur Leberzirrhose oder sogar zum hepatozellulären Karzinom fortschreiten. Das histologische Bild der NASH ähnelt dem der Alkohol-Hepatitis, selbst geringe entzündliche Veränderungen haben prognostische Bedeutung. Soll man deshalb verdächtige Patienten zur Biopsie schicken? Deutsche oder europäische Leitlinien zum Vorgehen bei NAFLD und NASH existieren nicht, erklärte Prof. Dr. Wolfgang Fleig vom Universitätsklinikum Leipzig, sodass sich der Kollege ersatzweise der aktuellen, „sehr nützlichen“ Praxisleitlinie1 der amerikanischen Lebergesellschaft (AASLD) bedient.

Stecken medikamentöse Ursachen dahinter?

Wenn Sie als Hausarzt quasi zufällig bei einem Patienten eine Fettleber entdecken, müssen Sie zunächst zwischen äthyltoxisch und nicht alkoholbedingt differenzieren. Bei Männern, die laut Anamnese weniger als 40 g Alkohol täglich konsumieren (Frauen unter 25 bis 30 g), kommt die Diagnose NAFLD in Betracht. Bedenken Sie differenzialdiagnostisch jedoch auch andere Fettleber-Ursachen: Häufig liegt ein metabolisches Syndrom zugrunde, und auch medikamentöse Auslöser kommen in Betracht – im Verdacht stehen u.a. Amiodaron, Steroide, Methotrexat und eine antiretrovirale Therapie (HAART).

Wen Sie zur Biopsie schicken, das hängt von weiteren Faktoren ab. Bei normalen Transaminasen und fehlenden weiteren Hinweisen auf eine Lebererkrankung besteht keine Indikation zur histopathologischen Diagnostik. Bei NAFLD und metabolischem Syndrom „kann eine Leberbiopsie sinnvoll sein“, so die US-Leitlinienexperten. Lassen sich andere Ursachen einer Lebererkrankung nicht ausschließen sowie bei NAFLD und erhöhtem Risiko für Hepatitis und fortschreitende Fibrose, raten sie ausdrücklich zur Biopsie. Was die Therapie von NAFLD und NASH angeht, so hat die Reduktion von Übergewicht zentrale Bedeutung, wie eine aktuelle Studie (s. Kasten) erneut belegt.

Es genügt laut Guideline bereits ein Gewichtsverlust um 3 bis 5 %, um die Steatose günstig zu beeinflussen, wenn auch für eine Reduktion der Nekroinflammation 10 % Abspecken notwendig erscheint, so Prof. Fleig. Weiterhin sollten Sie Ihren Patienten körperliche Aktivität zum Einschmelzen des Leberfetts empfehlen. Im Hinblick auf die Pharmakotherapie besteht keine große Auswahl.

Metformin wird in der US-Leitlinie nicht empfohlen, da es die Leberhistologie bei NASH nicht bessern kann. Pioglitazon entfaltet bei histologisch gesicherter Steatohepatitis zwar bessere Effekte – allerdings gelte zu bedenken, dass die meisten Patienten in den Studien keinen Diabetes hatten und ungenügend Daten zur Langzeitsicherheit vorliegen.

In besonderen Fällen eventuell Vitamin E

Vitamin E (800 IU/Tag) soll man laut Leitlinie „als Primärtherapie bei Erwachsenen mit bioptisch nachgewiesener NASH ohne Diabetes“ erwägen – nicht aber bei NASH-Zirrhose, kryptogener Zirrhose oder NAFLD ohne Leber-Histologie. Für Patienten, bei denen neben der nicht alkoholischen Hepatose/Hepatitis weitere chronische Lebererkrankungen vorliegen, besteht für Pioglitazon und Vitamin E keine Evidenz. Für Ursodesoxycholsäure gibt es bei nicht alkoholischer Lebererkrankung keine Indikation.

Auch nicht resorbierbare Anionenaustauscher wie Colestyramin haben sich als unwirksam erwiesen, berichtete Prof. Fleig. Medikamente, die auf die Serumlipide wirken, werden nicht als spezifische NAFLD/NASH-Therapie empfohlen. Allerdings eignen sich Omega-3-Fettsäuren zur Therapie einer gleichzeitig bestehenden Hypertriglyzeridämie. Zur Behandlung einer koexistierenden Dyslipidämie eignen sich laut US-Leitlinie Statine. Bedenken, dass diese Substanzen ihrerseits Leberschäden setzen könnten, bestehen nicht, wie Prof. Fleig ausführte.

Von routinemäßiger Kontrollbiopsie bei NADFLD/NASH-Patienten raten die US-Experten ab. Wenn NASH-Patienten bereits eine Zirrhose entwickelt haben, müssen jedoch besondere Maßnahmen erfolgen. Die Betroffenen sollen in ein Früherkennungsprogramm für Leberkrebs eingeschlossen werden. Zudem gilt es, bei ihnen nach Ösophagusvarizen zu fahnden.

1 http://bit.ly/1he76Hm

Kein Routine- Screening

Soll der Primärarzt per Screening nach nicht alkoholischen Lebererkrankungen suchen? Nein, meinen die US-Experten. Selbst bei Risikopatienten in Diabetes- oder Adipositasambulanzen wird ein Fettleber-Screening nicht empfohlen – auch nicht für Angehörige von Patienten mit Non-Alkohol- Steatohepatitis.

Gewichtsabnahme heilt die Leber

Lebensstiländerung und Abspecken erwiesen sich in einer Studie bei 154 Patienten mit nicht alkoholischer Fettleberkrankheit als hochwirksam. Verglichen wurde ein Diät-Lebensstil-Programm mit konventioneller Versorgung. Die Remissionsrate der NAFLD – geprüft per Proton-Magnetresonanz-Spektroskopie – nach einem Jahr lag in der Interventionsgruppe deutlich höher (64 % vs. 20 %), ebenso der Gewichtsverlust (5,6 kg vs. 0,6 kg). 97 % der Patienten, die ihr Gewicht um > 10 % senkten, und 41 % derer, die 3–5 % abnahmen, durften sich über die Remission freuen.

Vincent Wai-Sun Wong et al., J Hepatol 2013; 59: 536–542

Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune