EAU 2019: Testosteron bremst Rezidivierung von Low-Risk-Prostatakrebs

(c) EAU19, JW de Venster und E. van Wijk

Am EAU 2019 wurde die bisher größte Studie zu Testosteronersatztherapie beim Prostatakarzinom vorgestellt.

Androgene begünstigen das Wachstum maligner Zellen des Prostatakarzinoms. Der Eckpfeiler der Behandlung des fortgeschrittenen Prostatakarzinoms ist daher die Androgendeprivation. Die extrem niedrigen Testosteronlevels infolge dieser Therapie führen jedoch häufig zu metabolischen Komplikationen: Männer, die mit Androgendeprivation behandelt werden, haben etwa ein deutlich erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen und einen Verlust der Sexualfunktion. Um diesen Problemen beizukommen, war die Testosteronersatztherapie bei Männern mit Prostatakarzinomen im Low-Risk-Setting nach Bestrahlung oder chirurgischer Ablation immer wieder in Diskussion. Aus Angst vor gesteigertem Tumorwachstum durch die zugeführten Androgene wird sie jedoch nach wie vor nicht empfohlen.

In den letzten Jahren vermehrten sich jedoch die Hinweise darauf, dass höhere Spiegel von freiem Testosteron eher mit Low-Grade-Tumoren assoziiert sind, und einer frühen biochemischen Rezidivierung vorzubeugen scheinen. Ein Team von amerikanischen Ärzten der University of California, Irvine, konnte dies am EAU 2019 nun bestätigen.

Rezidivierung durch Testosteronersatz verlangsamt

In der Beobachtungsstudie wurden 834 Patienten nach radikaler Prostatektomie eingeschlossen, von denen 152 ohne Hinweise auf eine Resterkrankung mit Testosteronersatztherapie behandelt wurden. Nach einer medianen Zeit von 3,1 Jahren nach der Prostata-Ablation analysierten die Forscher die PSA-Werte der Patienten. Nach dieser Zeit zeigten etwa fünf Prozent der mit Testosteronersatzpräparaten behandelten Patienten biochemische Rezidive. Bei den nicht mit Testosteron behandelten Patienten war die Rezidivierungsrate mit 15 Prozent hingegen wesentlich höher. Im Median verlängerte die Testosteronersatztherapie nach drei Jahren nach Korrektur für Tumorgrad und -stadium die Dauer bis zum biochemischen Rezidiv um 1,5 Jahre (p=0,005).

Studienautor Dr. Thomas Ahlering kommentierte: „Die Ergebnisse waren für uns eine große Überraschung. Die Testosteronersatztherapie erhöhte die Rezidivrate nicht nur nicht, sondern verlangsamte diese auch noch. Wir wissen bereits, dass Testosteron den physiologischen Status verbessert, z.B. in Bezug auf Muskelmasse, Cholesterin- und Triglycerid-Spiegel und die sexuelle Aktivität. Das ist eine klassische Win-Win-Situation.“ Ahlering spricht sich dafür aus, dass das Tabu der Testosteronersatztherapie beim Prostatakarzinom – vor allem bei Low-Risk-Patienten nach radikaler Prostatektomie – gelockert wird.

Quelle

Towe M et al., Testosterone replacement therapy prevents disease progression in men undergoing radical prostatectomy. EAU 2019, Abstract #646

Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin CliniCum uro&gyn