Defensive Medizin und ­limitierter Schadenersatz

Mit dem zunehmend kritischen Blick der Öffentlichkeit auf wirkliche und vermeintliche Fehler ärztlicher Tätigkeiten nimmt auch in Österreich in vielen Bereichen die „defensive Medizin“, das heißt der Einsatz von teuren, aber nur grenzwertig hilfreichen Tests oder Eingriffen zu. Obwohl es nur wenige objektive Hinweise dafür gibt, dass sich das auf die gesamten Gesundheitskosten auswirkt, könnte es das Verhalten der Ärzte bei bestimmten Krankheiten doch beeinflussen. Einige amerikanische Bundesstaaten haben deswegen zwischen 2003 und 2005 eine gesetzliche Limitierung der Höhe des Schadensersatzes beschlossen.
In einer aktuellen Studie wurde nun das ärztliche Vorgehen bei der Abklärung des Verdachtes auf Vorliegen einer koronaren Herzkrankheiten in neun amerikanischen Bundesstaaten mit limitiertem Schadenersatz mit dem Vorgehen in 20 Bundesstaaten ohne derartige Limits verglichen. Insgesamt wurden Daten von über 75.000 Ärztinnen und Ärzten (36.647 Patienten in Staaten mit Limits, 39.154 Ärzte in Staaten ohne Limits) analysiert.
Es stellte sich heraus, dass nach der Einführung der Schadenersatzlimits die Ärzte in den entsprechenden Bundesstaaten um 24 % weniger Koronarangiographien als ersten dia­gnostischen Test durchführten als Ärzte aus Bundesstaaten ohne Limits. Gleichzeitig war die Anzahl der nicht-­invasiven Untersuchungen (Ergome­trie) um 8 % höher und die Häufigkeit der Überweisung zu einer Koronar­angiographie nach einer Ergometrie um 21 % niedriger. In Staaten mit Limitierung des Schadenersatzes wurden auch weniger revaskularisierende Eingriffe durchgeführt.

Farmer SA et al., JAMA Cardiol 2018; doi: 10.1001/jamacardio.2018.1360

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Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune