16. Apr. 2024European Psychiatric Association (EPA)

Pränataler Cannabiskonsum erhöht Risiko für neurologische Entwicklungsstörungen

Eine rezente Studie, vorgestellt auf dem Europäischen Psychiatriekongress 2024, zeigt einen signifikanten Zusammenhang zwischen Cannabisgebrauchsstörung (CUD) während der Schwangerschaft und einem erhöhten Risiko für neurologische Entwicklungsstörungen bei Nachkommen, einschließlich Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS), Autismus-Spektrum-Störung (ASD) und geistiger Behinderung (ID).

Cannabiskonsum während der Schwangerschaft und natürliche Geburt

Etwa 1,3% der Erwachsenen in der EU (ca. 3,7 Mio. Menschen) konsumieren täglich oder nahezu täglich Cannabis.1 Obwohl Männer typischerweise eine höhere Prävalenz hinsichtlich des Cannabiskonsums aufweisen, zeigen die neuesten Statistiken, dass Frauen, insbesondere in der jüngeren Bevölkerung, in Bezug auf den Drogenkonsum gegenüber Männern aufholen.2 Besonders alarmierend ist der Anstieg des Cannabisgebrauchs bei schwangeren und stillenden Frauen in der EU. Verstärkt wird diese Sorge durch Studien, die eine Verdoppelung des Delta-9-Tetrahydrocannabinol(THC)-Gehalts im Vergleich zu den letzten 15 bis 20 Jahren aufzeigen, was das Risiko negativer Auswirkungen auf Mutter und Kind während der Schwangerschaft erhöht. Gleichzeitig steigt die Prävalenz von ADHS und ASD bei Kindern und Jugendlichen weltweit – mit Schätzungen zwischen 5,3% für ADHS und 5,9% ASD weltweit sowie 4,6% für ADHS und 1 zu 2.000 für ASD in der EU.4,5,6

Daten von über 222.000 Mutter-Kind-Paaren analysiert

Diese vorliegende großangelegte Studie, die von Forschenden der Curtin University in Australien durchgeführt wurde, analysierte Daten von mehr als 222.000 Mutter-Kind-Paaren aus New South Wales. Das Forschungsteam nutzte einen innovativen Ansatz und verwendete verknüpfte Daten aus Gesundheitsregistern, wobei sowohl die Exposition (pränatale CUD) als auch die Ergebnisse (neurologische Entwicklungsstörungen) mit diagnostischen Werkzeugen, basierend auf dem ICD-10-AM-Tools verwendet wurden, um die Auswirkungen pränataler CUD auf die Entwicklung von ADHS, ASD und ID bei Kindern zu untersuchen. Die Ergebnisse zeigen:

  • ein 98% höheres Risiko für ADHS, 94% für ASD und 46% für ID bei Kindern von Müttern mit pränataler CUD verglichen mit Kindern ohne solche Exposition.
  • eine signifikante Wechselwirkung zwischen pränataler CUD und mütterlichem Rauchen erhöht das Risiko, ADHS, ASD und ID zu entwickeln, noch weiter.
  • synergistische Effekte zwischen pränataler CUD und Schwangerschaftskomplikationen wie niedrigem Geburtsgewicht und Frühgeburt, die das Risiko für Entwicklungsstörungen zusätzlich steigern.

Diese Befunde verdeutlichen die potenziellen langzeitigen Konsequenzen des Cannabiskonsums während der Schwangerschaft und heben die Wichtigkeit präventiver Maßnahmen hervor. Dr. Abay Woday Tadesse, Erstautor der Studie, betonte die Dringlichkeit von Präventionsstrategien und Vorsorgeberatungen. „Das in dieser Studie beobachtete erhöhte Risiko für neurologische Entwicklungsstörungen bei Kindern von Müttern, bei denen pränataler Cannabiskonsum diagnostiziert wurde, unterstreicht die dringende Notwendigkeit präventiver Maßnahmen, einschließlich Beratung vor der Empfängnis, um die potenziellen negativen Folgen zu mindern.“ Prof. Dr. Rosa Alati, Leiterin der Curtin School of Population Health und leitende Autorin der Studie, fügte hinzu: „Diese Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit, Frauen, die eine Schwangerschaft planen, stärker für die mit dem Cannabiskonsum während der Schwangerschaft verbundenen Risiken zu sensibilisieren.“

„Diese Studie ist einzigartig, weil sie verknüpfte Daten mit bestätigten Diagnosen verwendet und so ein robusteres Bild der potenziellen Risiken im Zusammenhang mit pränatalem Cannabiskonsum liefert. Die Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit von Aufklärungskampagnen im Bereich der öffentlichen Gesundheit und von klinischen Interventionen, um das Bewusstsein für die potenziellen Risiken des Cannabiskonsums während der Schwangerschaft zu schärfen und Frauen dabei zu unterstützen, fundierte Entscheidungen für ihre Gesundheit und das Wohlergehen ihrer Kinder zu treffen“, erklärte Dr. Julian Beezhold, der Generalsekretär der Europäischen Psychiatrie-Vereinigung.

Quelle: Pressemitteilung des Europäischen Kongresses für Psychiatrie (EPA), 8.4.24