11. Apr. 2022Pneumo Aktuell 2022

Neues aus der Kinderpneumologie: CF, Bronchiektasien und Asthma

Neue Diagnoseleitlinien für Asthma bronchiale bei Kindern und Bronchiektasien sowie ursächliche Therapien bei der Cystischen Fibrose waren einige der Highlights beim 9. Pneumo Aktuell der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP).

Kind mit Asthma-Inhalator zu Hause
iStock/JulPo

Cystische Fibrose

Bei einem zwei Monate alten Mädchen, das beim Neugeborenen-Screening für eine mögliche Cystische Fibrose (CF) auffällig war, wird ein Schweißtest veranlasst, der positiv ausfällt. Das Kind ist zu diesem Zeitpunkt asymptomatisch, im Rahmen der Blutuntersuchung werden drei CF-Mutationen gefunden.

„CF ist eine erbliche Multisystemerkrankung, die eine Störung des Wasserhaushaltes bewirkt. Mittlerweile erreicht gut die Hälfte der Patientinnen und Patienten das Erwachsenenalter“, informiert Univ.-Prof. Dr. Angela Zacharasiewicz, Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde, Klinik Ottakring, Wien, im Rahmen des 9. Pneumo Aktuell. Neben der Lunge sind auch Organe wie Darm (Verstopfung, Darmverschluss), Nasenebenhöhlen, Bauchspeicheldrüse (Pankreasinsuffizienz), Leber (individuell unterschiedliches Ausmaß an Leberschäden) und Fortpflanzungsorgane betroffen.

Diagnostisches Vorgehen im CF-Zentrum: „Nach einem positiven Neugeborenen-Screening wird zunächst der Natriumchlorid-Gehalt im Schweiß überprüft (Schweißtest), gefolgt von einer ausführlichen Familienanamnese, einer klinischen Untersuchung sowie des Pankreas-Funktionstests“, erklärt Zacharasiewicz. „Wenn der Schweißtest zweimal positiv ist, liegt die Diagnose CF vor.“ Der Schweißtest wird auch für alle Geschwister angeboten, eventuell wird auch eine Mutationsanalyse bei den Eltern durchgeführt (Einverständnis erforderlich).

„Erhärtet sich der Verdacht wie im oben genannten Fall, wird die Therapie gestartet“, so die Expertin weiter. Diese umfasst eine Ernährungstherapie1 mit Pankreasenzym-Substitution (weil die allermeisten Patientinnen und Patienten Pankreas-insuffizient sind), Salz-Supplementation, fettlöslichen Vitamine (ADEK) und Stillen, wenn möglich. Weitere Bausteine der Therapie1 sind Inhalationstherapie (NaCl) auch bei asymptomatischen Kindern und eine altersentsprechende Physiotherapie so bald wie möglich. „Ein wichtiger Eckpfeiler sind regelmäßige Rachenabstriche: Ist ein CF-pathogener Keim vorhanden, so wird eine Antibiotikatherapie initiiert, auch wenn das Kind asymptomatisch ist“, betont Zacharasiewicz. Empfohlen wird die Grippe-Impfung ab dem 6. Lebensmonat.

CF-Mutationen: In Österreich liegt die Inzidenz für CF etwa bei 1:3500 und rund 85 Prozent der Patientinnen und Patienten mit CF-Mutationen weisen den F508del-Defekt auf. Die unterschiedlichen Mutationen führen bei CF zu unterschiedlichen Defekten der CFTR-Kanäle, die normalerweise Chlorid-Ionen transportieren. Dadurch wird der Schleim in den Atemwegen besonders zäh und verursacht Infektionen, Obstruktionen und eine chronische Entzündung. „Jeder Patient sollte seine Mutation im CFTR-Gen kennen“, unterstreicht Zacharasiewicz. „Denn mittlerweile gibt es Medikamente, die sogenannten CFTR-Modulatoren, die nicht nur auf die Menge, sondern auch auf die Funktion der CFTR-Kanäle wirken und somit ursächlich zu einer Verbesserung des defekten Kanalproteins führen.“

Neue Medikamente: Das erste Medikament war Ivacaftor2, das zu einer signifikanten Verbesserung der Lungenfunktion bei CF-Patienten mit G551D-Mutation geführt hat. Ivacaftor ist mittlerweile auch für Kinder ab vier Jahren sowie in Kombination mit Lumacaftor ab zwei Jahren für CF-Patienten mit homozygoter F508del-Mutation zugelassen.

„Neu ist die Triplekombination Elexacaftor/Tezacaftor/Ivacaftor ab 12 Jahren, wenn mindestens eine F508del-Mutation im CFTR-Gen vorhanden ist“, berichtet Zacharasiewicz. „Seit Anfang 2022 gibt es auch die EMA-Zulassung für die Tripletherapie ab sechs Jahren, wenn mindestens eine F508del-Mutation im CFTR-Gen vorliegt.“ Elaxacaftor in Kombination mit Tezacaftor/Ivacaftor steigert die Zilienschlagfrequenz in den Bronchialepithelzellen. „Die Tripletherapie3 verbessert signifikant den FEV1-Wert bei Kindern über 24 Wochen vs. Baseline sowie die Chlorid-Konzentration im Schweiß in einen fast normalen Bereich“, ergänzt Zacharasiewicz. „Diese deutlichen Verbesserungen der Lungenfunktion zeigen auch unsere Erfahrungen.“

Verdacht auf Bronchiektasien

Eine fünfjährige Patientin kommt mit einem feuchten Husten über viele Monate, weist gutes Gedeihen und Asthma-ähnliche Beschwerden auf, die jedoch nicht auf inhalative Kortikosteroide (ICS) ansprechen.

„Entsprechend der Husten-Leitlinien4 ist die Abklärung einzuleiten“, sagt Zacharasiewicz. Bei Kindern mit einer Hustendauer ab vier Wochen (= chronischer Husten) sind ein Lungenröntgen und eine Spirometrie einzuleiten. „Bei feuchtem Husten ist eine Sputumkultur zu versuchen“, so Zacharasiewicz. „Red Flags“ für weitere Untersuchungen sind z.B. chronischer produktiver Husten mehr als vier Wochen, produktiver Husten mit purulentem Sputum bei älteren Kindern (v.a. morgens), persistierender Husten mit pathologischer Auskultation bzw. trotz prolongierter Antibiose, wiederholte Pneumonien, unerklärte Hämoptysen, Asthma-ähnliche Symptome, die nicht auf ICS ansprechen, sowie Dyspnoe, Müdigkeit, Uhrglasnägel, Thoraxdeformitäten und schlechtes Gedeihen.

„Eine Bronchoskopie sollte in Erwägung gezogen und ein HRCT durchgeführt werden“, so Zacharasiewicz weiter. Beim obigen Patientenfall zeigten sich im HRCT bronchiektatische Veränderungen im Mittelappen.

2021 ist eine neue ERS-Guideline für das Management von Kindern und Jugendlichen mit Bronchiektasien5 publiziert worden. Zacharasiewicz: „Die wichtigste Botschaft aus dieser Publikation ist, dass Bronchiektasien im Unterschied zu Erwachsenen bei Kindern manchmal reversibel sein können, wenn sie früh therapiert werden.“ Außerdem betont die Pulmologin, dass die Diagnose einer Bronchiektasie erst den Beginn der eigentlichen Diagnosefindung darstellt. „An Bronchiektasien sollte man bei Kindern denken, die einen chronischen feuchten Husten haben“, hebt sie hervor. „Zu den wichtigsten Ursachen bei Kindern zählen postinfektiöses Geschehen, mechanische Obstruktion durch Fremdkörperaspiration, Erkrankungen des Immunsystems sowie Zilienfunktionsstörungen.“ Das wichtigste Instrument der Bildgebung bei der Fahndung nach Bronchiektasien ist das HRCT.

Neue Asthma-Leitlinien

Ebenfalls letztes Jahr wurden die neuen Leitlinien der European Respiratory Society (ERS) für die Diagnose von Asthma bei Kindern von 5–16 Jahren publiziert6.

„Bei einem Kind mit Verdacht auf Asthma bronchiale mit pfeifender, giemender Atmung, Husten sowie Atemnot und Atemnot bei Belastung ist eine Spirometrie durchzuführen“, so Zacharasiewicz und betont: „Vor allem bei Kindern ist in den meisten Fällen die Spirometrie normal, weil es sich um eine Momentaufnahme handelt.“ Daher wird nun auch die FeNO-Messung (exhaliertes Nitritoxid) empfohlen, wobei ein Wert von ≥ 25 ppb auffällig ist und weiter untersucht werden sollte (Provokationstestung, Laufbandbelastung oder Peak-Flow-Messung). „Hat ein Kind eine normale Spirometrie und eine normale FeNO-Messung, dann sollten andere Differenzialdiagnosen in Erwägung gezogen werden und bei persistierenden Symptomen unbedingt zu einem pädiatrischen Pneumologen überweisen werden“, sagt Zacharasiewicz. Ist die FeNO-Messung auffällig und auch der Laufbandbelastungstest bzw. Peak-Flow-Messung auffällig, dann ist Asthma bestätigt. Bei abnormaler Spirometrie wird ein Bronchospasmolysetest durchgeführt. Ist dieser positiv, dann ist Asthma bestätigt. Ist der Test negativ, wird eine FeNO-Messung empfohlen. Bei < 25 ppb gilt Asthma als unwahrscheinlich und das Kind soll zum Experten überweisen werden. Ist der FeNO-Wert auffällig, wird eine Asthma-Therapie für 4–8 Wochen empfohlen (Therapieversuch mit ICS). „Danach ist mittels Spirometrie zu kontrollieren, ob sich die Lungenfunktion und die Symptome verbessert haben“, erläutert Zacharasiewicz weiter. Ist dies der Fall, ist die Diagnose Asthma bestätigt. Bestehen aber weiterhin Symptome und hat sich die Lungenfunktion nicht verbessert, ist eine Bronchospasmolysetest durchzuführen. Fällt der Test positiv aus, dann ist Asthma bestätigt, ist er dagegen negativ, dann sollte zu einem pädiatrischen Pneumologen überweisen werden.

Pneumo Aktuell der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP) mit Live-Stream

Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune