7. Jän. 2021Covid-19 Update 07.01.2021

Moderna-Impfstoff in der EU zugelassen; Wissenschafter warnen vor SARS-CoV-2-Variante

++ COVID-19: Auch Moderna-Impfstoff in der EU zugelassen - Wissenschafter warnen vor SARS-CoV-2-Variante - Britische Virus-Variante auch in Österreich nachgewiesen - Ö: Noch im Jänner erste Impfungen außerhalb der Heime ++

Coronavirus Warnung
GettyImages-1201383916

Auch Moderna-Impfstoff in der EU zugelassen

Als zweiter Corona-Impfstoff ist ab sofort auch das Mittel des US-Herstellers Moderna in der Europäischen Union zugelassen. Dies entschied die EU-Kommission am Mittwoch auf Empfehlung der Arzneimittelbehörde EMA. Damit kommen bald zusätzliche Impfstoffmengen in Europa auf den Markt.

Der Moderna-Impfstoff gilt als ebenso wirksam, aber etwas unkomplizierter in der Verwendung als das Vakzin von Biontech/Pfizer, das am 21. Dezember als erstes die EU-Zulassung bekam. Er muss anders als das Mittel von Biontech/Pfizer nicht bei minus 70 Grad gekühlt werden. In den USA wird das Moderna-Vakzin nach einer Notfallzulassung bereits seit kurz vor Weihnachten gespritzt.

In der EU hat es nun nach umfangreicherer Prüfung durch die EMA eine reguläre, bedingte Marktzulassung. Bedingt heißt, dass der Hersteller verpflichtet ist, auch nach Beginn der Impfungen Daten etwa zur Langzeitwirkung an die EMA zu übermitteln.

Die EU kann insgesamt 160 Mio. Dosen von Moderna abrufen. Für Österreich, dem stets in etwa zwei Prozent zustehen, bedeutet dies Dosen in Höhe von 3,2 Millionen. Im ersten Quartal würden laut Kurz 200.000 Dosen von Moderna geliefert. Damit könnte Österreich mit den Impfstoffen von Biontech/Pfizer sowie Moderna über 500.000 Menschen im ersten Jahresviertel impfen.

Die Empfehlung der EMA für die Genehmigung der Marktzulassung eines zweiten Impfstoffes sei eine gute Nachricht für die EU und für Österreich - "unsere Prognosen sind ein weiteres Mal erfüllt", meinte Gesundheitsminister Rudolf Anschober am Mittwoch. Nun erwarte er die Marktzulassung für AstraZeneca als dritten wichtigen Impfstoff im Februar. "Damit kann unsere Impfstrategie wie geplant Schritt für Schritt umgesetzt werden."

Modernas Mittel braucht zwei Impfdosen im Abstand von vier Wochen, um wirksam zu sein; von Pfizer/Biontechs Mittel soll nach drei Wochen eine zweite Dosis verabreicht werden. Beide Mittel hatten in Testreihen eine hohe Wirksamkeit von um die 94 Prozent und nur wenige Nebenwirkungen gezeigt. Moderna mit Sitz in Cambridge im US-Bundesstaat Massachusetts hatte vor einigen Wochen erklärt, in den ersten drei Monaten 2021 würden 100 bis 125 Millionen Impfdosen des Vakzins mit dem Namen "mRNA-1273" produziert. Davon sollen 15 bis 25 Millionen außerhalb der USA zur Verfügung stehen. Die ersten Lieferungen an die EU-Staaten könnten noch im Jänner beginnen.

Wie das Mittel von Biontech/Pfizer ist auch das von Moderna ein sogenannter mRNA-Impfstoff. Enthalten sind genetische Informationen des Erregers, aus denen der Körper ein Viruseiweiß herstellt. Ziel der Impfung ist es, den Körper zur Bildung von Antikörpern gegen dieses Protein anzuregen, um die Viren abzufangen, bevor sie in die Zellen eindringen und sich vermehren. In den nächsten Monaten sollen noch weitere Impfstoffe in Europa auf den Markt kommen. Als Nächstes könnte das Vakzin von AstraZeneca an der Reihe sein, das in Großbritannien bereits mit einer Notfallzulassung genutzt wird. Davon hat die EU-Kommission bis zu 400 Millionen Dosen bestellt. Von Biontech/Pfizer waren es 300 Millionen Dosen. Die EU-Kommission verhandelt mit dem Unternehmen derzeit, ob noch mehr geliefert werden kann. (APA/dpa)

Wissenschafter warnen vor SARS-CoV-2-Variante

Die neue SARS-CoV-2-Variante B.1.1.7 beunruhigt europäische Wissenschafter massiv - auch, weil in Großbritannien die Infektionsrate unter SARS-CoV-2-Kontaktpersonen plötzlich um die Hälfte gestiegen ist. "Ich hoffe wirklich, dass wir das dieses Mal als frühes Läuten der Alarmglocken sehen", erklärte Virologin Emma Hodcroft (Universität Basel) gegenüber der US-Wissenschaftszeitschrift "Science". Das Vorgehen der Verantwortlichen in Kontinentaleuropa sieht sie derzeit kritisch: "Ich habe den Eindruck, als befänden wir uns in einer anderen Situation - vor allem weil ein Großteil Europas irgendwie herumsitzt und zuschaut."

Dabei könnte die Lage in Sachen COVID-19-Pandemie bei der bereits in Großbritannien mit offenbar um 50 bis 70 Prozent höheren Infektiosität der Virusvariante, ähnlich jener aus Südafrika, schnell außer Kontrolle geraten. "Eine Befürchtung ist, dass B.1.1.7 schnell zur global dominanten Variante (von SARS-CoV-2) wird und eine neue und sehr, sehr schwere Erkrankungswelle antreibt", sagte Jeremy Farrar, Infektiologe am britischen Wellcome Trust. Während die Entwicklung der Pandemie im Jahr 2020 über weite Strecken gut prognostizierbar gewesen sei, wäre das jetzt anders. "Ich glaube, wir kommen jetzt in eine völlig unvorhersagbare Phase."

Die Hinweise aus der Wissenschaft darauf, dass die zunächst in Großbritannien festgestellte SARS-CoV-2-Variante mit ihren zahlreichen Mutationen - acht davon im für das Eindringen in Zellen entscheidenden S-Oberflächenprotein - deutlich infektiöser ist, werden immer zahlreicher. "Wir haben zahlreiche Quellen an noch nicht perfekt konkludenten Hinweisen. Aber alle deuten in dieselbe Richtung", erklärte Adam Kucharski, Gesundheitsstatistiker an der London School of Hygiene & Tropical Medicine, gegenüber "Science".

Dazu ein deutliches Signal aus den jüngsten Erfahrungen in Großbritannien: Die Behörde für Öffentliche Gesundheit Englands hat herausgefunden, dass 15 Prozent der Kontaktpersonen von Menschen, die nachgewiesen mit SARS-CoV-2 der Variante B.1.1.7 infiziert waren, danach selbst positiv auf das Virus getestet wurden. Bei Kontaktpersonen von Menschen mit Infektionen durch die ursprünglichen SARS-CoV-2-Varianten war das nur bei zehn Prozent der Fall.

Wenn andere Staaten, in denen B.1.1.7 auch entdeckt worden sei, eine ähnliche, plötzliche neuerliche Zunahme an COVID-19-Erkrankungen registrierten, werde das der stärkste Hinweis für die Gefährlichkeit sein, sagte Oliver Pybus, Evolutionsbiologe von der Universität Oxford. In Dänemark mit einer hohen Rate an SARS-CoV-2-Sequenzierungen sei der Anteil von B.1.1.7 an den untersuchten Virusproben binnen drei Wochen von 0,2 auf 2,3 Prozent gestiegen. "Was wir da haben, ist ein Paradebeispiel für ein exponentielles Wachstum während der vergangenen vier Wochen in Dänemark", berichtete "Science".

Der Umstand, dass die neue Virusvariante offenbar nicht häufiger zu gefährlichen Krankheitsverläufen führt, ist keine Beruhigung für die Experten. Kucharski: "Wenn etwas (eine Infektion; Anm.) ein Prozent der Betroffenen umbringt, sie aber viele Menschen bekommen, bedeutet das mehr Todesopfer als etwas (eine Infektion; Anm.), die nur wenige Menschen bekommen, aber zwei Prozent von ihnen tötet." Etwa um Weihnachten - das sind die aktuellsten Zahlen - wurde die effektive Reproduktionszahl von SARS-CoV-2 bereits mit 1,1 bis 1,3 angegeben.

In Großbritannien gab es jedenfalls vor dem harten Lockdown massive Probleme wegen COVID-19 im Gesundheitswesen. Um den Jahreswechsel waren in England allein rund 22.700 Patienten deshalb im Krankenhaus. Auf künstliche Beatmung waren an die 1.900 Erkrankte angewiesen. Im April hatte man am damaligen Höhepunkt der Pandemie etwa 19.000 Spitalspatienten wegen SARS-CoV-2 registriert. Saffran Corderey, stellvertretender Geschäftsführer der Versorgungseinheiten des nationalen Gesundheitswesens (NHS) in England, berichtete von einem Anstieg der Zahl der Covid-19-Patienten um 27 Prozent innerhalb von nur sieben Tagen. Die Zahl der Intensivpatienten hätte sich um 35 Prozent erhöht: "Wir erwarten ein sehr schwieriges neues Jahr." (APA)

Erste Nachweise von britischer Virus-Variante in Österreich

Die bereits im September in Großbritannien aufgetretene Coronavirus-Mutation wurde erstmals auch in Österreich nachgewiesen. In vier am Flughafen Wien-Schwechat genommenen Proben fand sich das Erbgut der Virus-Variante. Bei einer weiteren Person wurde überdies jene markante SARS-CoV-2-Variante nachgewiesen, die vermutlich in Südafrika entstanden ist. Unter den fünf Betroffenen sind drei Kinder. Das wurde bei einer Pressekonferenz am Montag, dem 4. Jänner, in Wien mitgeteilt.

Die Mutation sei mittlerweile in 32 Ländern nachgewiesen, sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober. Darunter seien mittlerweile auch 15 europäische Staaten - inklusive Österreich. Dass die britische B.1.1.7.-Mutation nun gefunden wurde, sei kein Zufall, vielmehr habe man "gezielt danach gesucht". Rund 1.800 Sequenzierungen seien bisher in Österreich durchgeführt worden, sagte der Gesundheitsminister. Das solle nun intensiviert werden. Wie Franz Allerberger, Leiter der Abteilung für "Öffentliche Gesundheit" der AGES, erläuterte, wurde die südafrikanische Mutation bereits am 6. Dezember bei einer 30-jährigen Österreicherin nach einem Urlaub nachgewiesen. Die UK-Variante wurde erstmals bei einem zwölfjährigem Buben nach einem Flug aus Großbritannien am 18. Dezember nachgewiesen, am 21. Dezember erfolgte der Nachweis bei einem Mann, der mit einem der letzten Flieger nach Österreich kam. Außerdem hatten sich zwei slowakische Buben im Alter von neun und zehn Jahren mit der Virus-Mutation infiziert. (APA)

Ö: Noch im Jänner erste Impfungen außerhalb der Heime

Neben den Impfungen in Alters- und Pflegeheimen sollen noch im Jänner bereits die ersten Impfungen außerhalb der Heime durchgeführt werden. Wie Bundeskanzler Sebastian Kurz in einer Stellungnahme gegenüber der APA ankündigt, sollen nun auch über 80-Jährige geimpft werden, die sich zu Hause befinden oder familiär betreut werden.

Mit der Zulassung des zweiten Impfstoffes von Moderna sei nun auch mehr Impfstoff verfügbar, erklärte Kurz. Daher soll nun mit Impfungen außerhalb der Heime begonnen werden. "Je schneller wir die ältere Generation und vulnerablen Gruppen impfen, desto besser werden wir die Krankenhäuser und Intensivstationen entlasten", so Kurz. Der Schutz dieser Menschen stehe in den kommenden Wochen im Fokus der Impfungen. Nach Kritik an den nur zögerlich anlaufenden Corona-Impfungen hat die Bundesregierung reagiert und die Impfungen vorgezogen, deren offizieller Staat für den 12. Jänner geplant war. Zudem hatte die EU-Kommission am Mittwoch auf Empfehlung der Arzneimittelbehörde EMA entschieden, als zweiten Corona-Impfstoff ab sofort auch das Mittel des US-Herstellers Moderna in der Europäischen Union zuzulassen. (APA)