7. März 2024Sexuell übertragbare Infektionen

Nicht alles, was juckt, ist auch ein Pilz

Pilzinfektionen sind die häufigsten Infektionen im Genitalbereich – insbesondere bei Frauen. Dennoch sollten keine vorschnellen Diagnosen und folgende Behandlungsversuche ohne Erregernachweis erfolgen, denn Verwechslungsmöglichkeiten mit verschiedenen alternativen infektiösen sowie nicht-infektiösen Krankheitsursachen bestehen. Auch ein Candida-Nachweis ohne Symptomatik ist nicht behandlungswürdig.

Frau mit Schmerzen im Unterbauch und Händen, die ihren Unterbauch im Schritt drücken
Pormezz/AdobeStock

Rund 75% aller Frauen machen im Leben zumindest eine Episode einer vulvovaginalen Candidose durch. Bei 40–45% sind es bereits 2 Episoden, ca. 5% entwickeln eine rezidivierende Candidose mit 4 oder mehr Episoden pro Jahr. In 10–20% der Fälle besteht eine komplizierte Candida-Infektion. Eine unkomplizierte Candidose tritt sporadisch oder selten auf, wird meist durch Candida albicans verursacht, zeigt eine milde bis moderate Symptomatik und betrifft immunkompetente Frauen. Im Gegensatz dazu manifestiert sich die komplizierte Candidose rezidivierend und/oder äußert sich mit schwerer Symptomatik. Die Erreger sind häufig Non-Albicans-Stämme. Die Betroffenen sind oft immunkompromittiert, stehen unter immunsupprimierender Therapie oder weisen Grunderkrankungen wie Diabetes mellitus auf. Typische Symptome sind Pruritus, Dysurie, Dyspareunie, Schmerz, Schwellung und Rötung. Viele Patientinnen zeigen einen bröckeligen Fluor vaginalis, ein vulväres Ödem, Fissuren und Exkoriationen. Eine schwere oder rezidivierende Candidose wird von den Betroffenen als sehr belastend empfunden – von der Beeinträchtigung der Lebensqualität her etwa mit einer Migräne vergleichbar. Die Therapie kann schwierig sein – und das nicht nur bei den Non-Albicans Pilzen, sondern auch bei der scheinbar banalen Candida-Albicans-Infektion.

Candida-Infektion nur nach erfolgreichem Erregernachweis behandeln

Allerdings können diese Symptome auch auf eine Reihe anderer Erkrankungen hinweisen, denn, so Dr. Claudia Heller-Vitouch, Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten und Ärztliche Leiterin des Pilzambulatoriums Hietzing, nicht alles, was im Genitalbereich Juckreiz und Rötung verursacht, ist auch ein Pilz. Infrage kommen etwa eine Dermatitis, eine Infektion mit Beta-Streptokokken der Gruppe A sowie in seltenen Fällen auch eine Psoriasis inversa. In manchen Fällen hilft nur die histologische Diagnose. Heller-Vitouch: „Eine antimykotische Therapie allein aufgrund der Symptomatik wird in der Praxis zwar oft gewählt, führt jedoch bei einer erheblichen Anzahl von Patientinnen zu Overtreatment.“ Man müsse bedenken, dass die vulvovaginale Candidose in der Bevölkerung letztlich nur für 15–30% aller vulvovaginalen Symptome verantwortlich ist. Eine Diagnose kann unter dem Mikroskop aus dem Nativpräparat oder nach Gramfärbung erfolgen. Eine weitere Option bildet die Kultur. PCR ist zu sensitiv und findet auch eine klinisch irrelevante Anwesenheit von Candida. Ein Nachweis von Candida in Abwesenheit von Symptomen, der bei rund 20% aller Frauen möglich ist, stellt keine Behandlungsindikation dar, so Heller-Vitouch und betont auch, dass sich Candida als „innocent bystander“ in aller Regel auch durch Behandlung nicht eradizieren lässt. Beim Mann ist Candida der häufigste Verursacher einer Balanitis. In STD-Kliniken werden etwas mehr als 10% der Patienten wegen einer Balanitis vorstellig. Meist, aber keineswegs immer, handelt es sich um sexuell erworbene Infektionen. Auch antibiotische Therapien oder Diabetes mellitus prädisponieren zur Entwicklung einer Pilz-Balanitis.1,2

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