15. Juli 2014

Wiener Technik quantifiziert Proteine und DNA in Tumorgewebe

Welche Therapie Krebspatienten erhalten, hängt meist vom geschulten Auge der Pathologen ab. Um die Qualität der Diagnostik zu erhöhen, haben Wissenschaftler der Vetmeduni Vienna, der MedUni Wien und des Ludwig Boltzmann Institutes für Krebsforschung eine Software entwickelt, die Zellstrukturen und Proteine gezielt erkennt und entsprechend verlässliche Diagnosen liefert.

Die Charakterisierung von Tumoren könnte künftig einfacher als bisher erfolgen. In einem Kooperationsprojekt zwischen der Veterinärmedizinischen Universität Wien, dem Ludwig Boltzmann Instituts für Krebsforschung, der Medizinischen Universität Wien und dem Wiener Unternehmen “Tissuegnostics” konnte ein neues System zur exakten Quantifizierung im Tumorgewebe vorkommender Proteine und DNA an Gewebeproben von Leberkarzinompatienten erfolgreich getestet werden. Bislang war das Verfahren in der Forschung verwendet worden, nun erfolgte eine Analyse von Gewebeschnitten von 30 Patienten mit Leberzellkarzinomen. Die Studiendaten veröffentlichten die Forschenden im Fachmagazin “PLOS One“.

Bei der Entwicklung geht es um die Schaffung eines Systems, mit dem man möglichst einfach, genau, objektiv und nachvollziehbar die für die jeweils untersuchten (Krebs-)Zellen charakteristischen Proteine identifizieren und quantitativ genau messen kann. Laut Univ.-Prof. Dr. Lukas Kenner von der Universität für Veterinärmedizin sei dies für die Diagnose, Feststellung der Erkrankungsart und Therapie mit Arzneimitteln der zielgerichteten Therapie wichtig.

Bisher erfolgten solche Untersuchungungen durch die Pathologen an Gewebeschnitten, indem man beispielsweise Antikörper zur Markierung von Proteinen hinzufügte und dann im Mikroskop zwischen “negativ” für ein untersuchtes Proteinmerkmal, “+”, “++” oder “+++” unterschied. “Allerdings waren sich in ihren jeweiligen Einschätzungen zwei unabhängig von einandere begutachtende Pathologen nur bei jeder dritten Diagnose einig”, so Kenner.

Mit dem neuen System aus hochsensibler Digitalfotografie und einem speziell entwickelten Computerprogramm könne nun eine echte Quantifizierung der untersuchten Proteine auf objektive Weise erreicht werden, diese bleibe auch für die Zukunft gespeichert. Das System arbeite somit feiner als die bisherige Einteilung nach Kategorien.

    Univ.-Prof. Dr. Lukas Kenner: "Die neue Software wird auch dazu beitragen, besser abwägen zu können, wo eine teure Therapie gerechtfertigt ist, aber auch, in welchem Falle sie nicht nötig ist und dem Betroffenen erspart werden kann."
Univ.-Prof. Dr. Lukas Kenner: “Die neue Software wird auch dazu beitragen, besser abwägen zu können, wo eine teure Therapie gerechtfertigt ist, aber auch, in welchem Falle sie nicht nötig ist und dem Betroffenen erspart werden kann.”

Die Wissenschafter etablierten das System zunächst für die Messung der Proteine Stat5 und JunB, die beide eine Rolle bei Krebserkrankungen haben. Dies erfolgte am Modell von Labormäusen, bei denen man künstlich die Gene für diese Eiweißstoffe ganz oder Hälfte ausschalten kann. Als das Verfahren entsprechende Ergebnisse erbrachte, gingen die Wissenschafter den nächsten Schritt: Sie bestimmten diese Proteine an Feinschnitten von in Paraffin eingelegten Gewebeproben von Leberkarzinompatienten.

Kenner bezeichnet das System als möglichen “Riesenfortschritt”, das jedoch die Einschätzung von Pathologen nicht ersetzen könne. “Die neu entwickelte Software bietet aber erstmals die Möglichkeit, die Inter-Observer-Variabilität auszuschalten.”

Michaela Schlederer, Kristina M. Müller, Johannes Haybaeck, Susanne Heider, Nicole Huttary, Margit Rosner, Markus Hengstschläger, Richard Moriggl, Helmut Dolznig, Lukas Kenner
Reliable Quantification of Protein Expression and Cellular Localization in Histological Sections
PLOS One, published July 11, 2014, DOI: 10.1371/journal.pone.0100822

Quelle: APA