Das Vertrauen ist weg – wohl endgültig

Ein Gesundheitssystem ist abstrakt und stellt „nur“ die Rahmenbedingungen der Versorgung her. Versorgung wiederum ist die Voraussetzung der Behandlung, weil sie Patientenströme mit dem Ziel lenkt, dass der richtige Patient zur richtigen Zeit beim richtigen Arzt ist, um dort behandelt zu werden. Dass bei uns System–Versorgung–Behandlung vermischt und flapsig als „System“ bezeichnet werden, ist ein Grundproblem.

Jeder sitzt in seiner Ecke

Systemaufgabe ist es, Ressourcen zu beschaffen und zielorientiert der Versorgungsebene zuzuteilen. Klassische System-Ziele sind Zugangsgerechtigkeit und Verteilungsgerechtigkeit. Und weil ein öffentliches System den Bürgern finanzielle Ressourcen ohne deren Zustimmung wegnehmen darf, muss es sich rechtfertigen, was durch Transparenz und faktengestützte Berichterstattung passiert. Klappt das, besteht Vertrauen ins System – wenn nicht, dann eben nicht. Dank der Fragmentierung unseres „Systems“ werden Systemaufgaben jedoch nicht wahrgenommen. Das geht auch nicht, weil es ja niemanden gibt, der Ziele definieren könnte. Und weil jeder am liebsten in seiner Ecke sitzt, gibt es auch keine Transparenz und statt faktenbasierter Berichte ideologiegetriebene Diskussionen. Theoretisch folgerichtig und praktisch beobachtbar ist so das Vertrauen in das System verschwunden. Vor knapp zehn Jahren meinten schon so gut wie alle Österreicher, dass das öffentliche System ineffizient ist und die Güte der Versorgung vom Wohlstand des Einzelnen abhängt. Allerdings waren noch fast zwei Drittel mit dem System, wenn es um die eigene Versorgung ging, sehr zufrieden.

Unzureichende Versorgung

Das hat sich jetzt gedreht. Aktuell findet mehr als die Hälfte, dass ihre eigene Versorgung im öffentlichen System überhaupt nicht ausreichend ist, und zwei Drittel erachten eine private Krankenversicherung als notwendig. Damit ist das öffentliche System gescheitert. Statt nur zu behaupten, wir hätten das „weltbeste System“, hätten Politiker halt irgendwann den Beweis antreten müssen.

Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune