19. Juni 2017

DMARDs absetzen? Bei manchen Patienten: Ja

Versuche einer Dosisreduktion führten in der OPTTIRA-Studie nicht zu bleibenden Schäden bei Patienten mit rheumatoider Arthritis.DMARDs (disease modifying anti-rheumatic drugs) erlauben bei einer Mehrzahl der Betroffenen eine zufriedenstellende Kontrolle der rheumatoiden Arthritis. Rund die Hälfte der Patienten erreicht gegenwärtig Remission (1).
Allerdings haben DMARDs auch Nachteile: Sie sind mit Nebenwirkungen wie einem erhöhten Infektionsrisiko behaftet und sie sind zum Teil sehr teuer. Der Einsatz biologischer und „targeted synthetic“ DMARDs stellt auch für die Gesundheitssysteme eine erhebliche finanzielle Belastung dar. Strategien für eine Dosisreduktion, Deeskalation oder idealerweise Beendigung der Therapie wären daher in mehrfacher Hinsicht wünschenswert. Leider zeigen Studien und praktische Erfahrungen, dass selbst bei Patienten in anhaltender kompletter Remission das Flare-Risiko nach Absetzen der Therapie hoch ist. In der RETRO Studie konnte gezeigt werden, dass mehr als die Hälfte der Patienten in Remission bleiben, wenn sie ihre Therapie mit konventionellen oder biologischen DMARDs reduzieren oder absetzen. Flares traten vorwiegend innerhalb der ersten sechs Monate nach der Therapie-Deeskalation auf und waren assoziiert mit positivem ACPA-Status (2). Die Frage nach einer idealen Deeskalations-Strategie ist daher nach wie vor offen (3)

Biomarker signalisieren Flare-Risiko

Eine im Rahmen des EULAR 2017 vorgestellte Studie (4) identifizierte nun Parameter, anhand derer eine Abschätzung des Flare-Risikos bei Deeskalation vorgenommen werden kann. Den Autoren gelang es, das Rückfallrisiko von RA-Patienten in Remission anhand einer Kombination des MBDA (multiple-biomarker disease activity) Scores und des ACPA (anti-citrullinated protein) Status vorherzusagen. Die Daten basieren auf Auswertungen von 146 Patienten aus der RETRO Studie, bei denen zu Studienbeginn der aus zwölf Biomarkern bestehende MBDA sowie der ACPA-Status bestimmt wurden. In RETRO wurden die DMARDs zunächst um 50 Prozent reduziert und bei Ausbleiben eines Flares schließlich komplett abgesetzt.
In der nun vorgestellten Studie lag das Risiko von Patienten mit niedrigem MBDA (<30) und negativem ACPA Status nach Deeskalation der Therapie bei 19 Prozent. Bei einem moderaten bis hohem MBDA Score (≥30) und einfach positiven ACPA stieg das Flare-Risiko an und erreichte bei hohem MBDA und zweifach positiven ACPA schließlich 61 Prozent.

Erhebliche Kostenreduktion durch De-Eskalation der Therapie

Die Autoren gelangten zu dem Schluss, dass eine Deeskalation nur bei ACPA-negativen Patienten (hier jedoch auch bei moderatem bis hohem MBDA) einen Versuch wert sei.
„Es ist uns also gelungen, auf Basis von Biomarkern als Risikoprädiktoren ein Modell für die Deeskalation der RA-Therapie zu entwickeln“, kommentierte Studienautorin Dr. Melanie Hagen von der Universität Erlangen-Nürnberg.“ Hagen betont auch, dass in der RETRO Studie gezeigt wurde, dass Patienten, die nach Deeskalation einen Flare erleben, wieder auf gut auf erneute Eskalation der Therapie ansprechen. Daher könne bei entsprechend geringem Risiko die Deeskalation relativ gefahrlos versucht werden. Die Studie zeigte auch, dass die Deeskalation erhebliche ökonomische Vorteile bringt. Alleine das Reduzieren bzw. Absetzen der DMARDs in der Niedrigrisiko-Gruppe brachte über ein Jahr Einsparungen um 75 Prozent – insgesamt über 90.000 Euro.

1) Aga AB, Lie E, Uhlig T, et al. Time trends in disease activity, response and remission rates in rheumatoid arthritis during the past decade: results from the NOR-DMARD study 2000–2010. Ann Rheum Dis 2015; 74: 381–8
2) Haschka J, Englbrecht M, Hueber AJ, et al. Relapse rates in patients with rheumatoid arthritis in stable remission tapering or stopping anti-rheumatic therapy—interim results from the prospective randomized controlled RETRO study. Ann Rheum Dis 2016; 75: 45–51
3) Schett G, EmeryP, Tanaka Y, et al. Tapering biologic and conventional DMARD therapy in rheumatoid arthritis – Current evidence and future directions. Ann Rheum Dis. 2016 Aug;75(8):1428-1373
4) Hagen M, Englbrecht M, Haschka J, et al. Multi-biomarker disease activity and autoantibody status lead to cost effective tapering algorithms in rheumatoid arthritis patients in sustained remission. EULAR 2017; Madrid: Abstract OP0249