18. Aug. 2016

Neue Leitlinie zur Herzinsuffizienz

Human heart. 3d illustration. Isolated, contains clipping pathIm vergangenen Mai wurde im Rahmen des Kongresses Heart Failure 2016 die aktuellen ESC Leitlinie zur Diagnose und Behandlung von akuter und chronischer Herzinsuffizienz präsentiert (1). Der Leitlinie werden auch im Rahmen des kommenden ESC-Kongresses in Rom zahlreiche Vorträge und Sitzungen gewidmet sein.

Im Vergleich zu ihrem Vorgänger-Dokument enthält die Neufassung der Guideline einige wichtige Veränderungen. So wird zusätzlich zur Herzinsuffizienz mit reduzierter bzw. mit erhaltener Auswurffraktion die neue Kategorie einer Herzinsuffizienz mit mittlerer Auswurffraktion (heart failure with mid-range ejection fraction – HFmrEF) hinzukommen. Diese Bezeichnung soll zur Anwendung kommen, wenn Patienten eine linksventrikuläre Auswurffraktion zwischen 40 und 49 Prozent aufweisen. Allerdings sind die Konsequenzen für die Betroffenen minimal. Da es für Herzinsuffizienz bei mehr als 40% Auswurffraktion keine evidenzbasierte Therapie gibt, können auch Patienten mit HFmrEF nicht krankheitsspezifisch behandelt werden. Dennoch betonen Experten den Wert der neuen Terminologie. „Viele Patienten fallen in diese neue Kategorie und die neue Kategorisierung sollte die Forschung auf diesem Gebiet stimulieren“, sagt etwa Prof. Dr. Piotr Ponikowski, der Vorsitzende der Guidelines Task Force der ESC.

Empfehlung für den ersten ARNI

Von unmittelbarer praktischer Bedeutung ist die Aufnahme von LCZ696 in die Leitlinie. Sacubitril/Valsartan (LCZ696) ist ein ARNI (Angiotensin-Receptor Neprilysin Inhibitor) und der erste und derzeit einzige zugelassene Vertreter dieser Klasse. Sacubitril hemmt das Enzym Neprilysin, das endogene vasoaktive Hormone wie natriuretische Peptide sowie Bradykinin abbaut, kann jedoch nicht in Monotherapie eingesetzt werden, da Neprilysin neben den natriuretischen Peptiden auch Angiotensin I und II abbaut und die Neprilysin-Hemmung folglich eine völlig kontraproduktive Erhöhung der Angiotensin-Spiegel bewirken würde. Dieser Effekt wird ducrh die Sartan-Komponente von LCZ696 ausgeschaltet. So resultiert die Wirkung in einem Ansteigen der Plasma-Spiegel der natriuretischen Peptide, was weiter zu Vasodilatation und Natriurese führt und Fibrose und Hypertrophie entgegenwirkt. Darüber hinaus kommt es zu einer Senkung der Vor- und Nachlast, sowie von Sympathikotonus und Aldosteronspiegel. Die aktualisierte Leitlinie der ESC empfiehlt LCZ696 nun bei jenen Patienten mit reduzierter linksventrikulärer Auswurffraktion (HFrEF), die genau den Einschlusskriterien der Zulassungsstudie PARADIGM-HF entsprechen. Für eine weitergehende Empfehlung konnte kein Konsens gefunden werden, da dazu mehr Daten benötigt werden.

Praxisnaher Algorithmus für die Diagnose

Neben der Empfehlung für LCZ696 enthält die Leitlinie noch einige weitere Updates. So ist die kardiale Resynchronisationstherapie nun bei Patienten mit einem QRS Intervall von weniger als 130 msec zukünftig kontraindiziert, da Studiendaten auf eine erhöhte Mortalität in dieser Population hinweisen. Ebenfalls als kontraindiziert gilt nun die adaptive Servoventilation bei Patienten mit HFrEF und zentraler Schlafapnoe. In der im Rahmen des vergangenen ESC-Kongresses präsentierten Studie SERVE-HF wurde mit dieser Technik zwar eine effektive Behandlung der Schlafapnoe erreicht, die jedoch hinsichtlich des primären Endpunkts, einer Kombination aus Gesamtmortalität, Verschlechterung der Herzinsuffizienz, lebensrettender kardiovaskulärer Intervention oder ungeplanter Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz, keine Verbesserung brachte. Stattdessen wurde im ASV-Arm sogar eine höhere Mortalität beobachtet.

Für die Diagnose der Herzinsuffizienz wird ein neuer Algorithmus vorgeschlagen, der auf einer Evaluation der individuellen Wahrscheinlichkeit einer Herzinsuffizienz basiert. Prof. Ponikowski: „Dieser Algorithmus sollte besonders Allgemeinmedizinern und anderen Nicht-Kardiologen helfen, wenn sie mit Patienten zu tun haben, die möglicherweise unter Herzinsuffizienz leiden.
Hinsichtlich der Prävention von Herzinsuffizienz betont die Leitlinie den Wert von Blutdruckkontrolle, Statin-Therapie für Patienten mit hohem KHK-Risiko sowie des SGLT2-Inhibitors Empaglifozin für Patienten mit Typ-2-Diabetes.

Die neue ESC-Leitlinie zur akuten und chronischen Herzinsuffizienz wird im Rahmen des ESC Kongresses in Rom gleich in mehreren Sitzungen diskutiert:

• ESC Guidelines 2016 – Overview am 28. August um 08:30h
• 2016 ESC Guidelines for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure am 29. August um 08:30h
• Meet the Guidelines Task Force – Heart Failure am 29. August um 10:15h
• ESC Clinical Practice Guidelines 2016 – Highlights am 31 August um 09:00h

1) 2016 ESC Guidelines for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure. European Heart Journal. doi:10.1093/eurheartj/ehw128
https://www.escardio.org/Guidelines-&-Education/Clinical-Practice-Guidelines/Acute-and-Chronic-Heart-Failure
2) McMurray JJ et al. Angiotensin-neprilysin inhibition versus enalapril in heart failure. N Engl J Med. 2014 Sep 11; 371(11): 993-1004

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