8. Mai 2024Wege in die ärztliche Selbstständigkeit – Teil 17

Welche Versicherungen brauchen Ärztinnen und Ärzte? – Teil 2

Im Dickicht des Versicherungsdschungels den Durchblick zu behalten, ist schwer. Hier gibt es eine Hilfestellung für Ärztinnen und Ärzte.

Vektor eines medizinischen Personals, einer Gruppe selbstbewusster Ärzte und Krankenschwestern
Feodora Chiosea/GettyImages

Wie bereits im letzten Beitrag wird mein Laienwissen wieder durch fundiertes Fachwissen von Joachim Zieger, Akademischer Versicherungsmakler (WU), ergänzt.

Absicherung des strafrechtlichen Risikos von Ärztinnen und Ärzten

Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt, dass sich Ärztinnen und Ärzte in einer zunehmend schwierigeren Berufssituation befinden. Im Gegensatz zu früher neigen mehr Patientinnen und Patienten und deren Angehörige dazu, beim kleinsten (angeblichen) Fehler einer Ärztin oder eines Arztes Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte zu bemühen. Die Begehrlichkeit dieser Patientinnen und Patienten nimmt zu. Einerseits steigen die Ansprüche, andererseits auch das Wissen. Schon jetzt ist es leicht möglich, sich via Internet zahlreiche Informationen über Krankheitsbilder und Behandlungsmethoden zu verschaffen und das „ärztliche Wissen“ sowie den Informationsgehalt eines Beratungsgespräches in einer Ordination zu überprüfen.

Weiters ist zu bedenken, dass viele Ärztinnen und Ärzte einem zunehmenden Arbeitsdruck ausgesetzt sind. Allein dadurch steigt die Gefahr, einen ärztlichen Kunstfehler zu begehen, und damit die Wahrscheinlichkeit, sich einer Strafanzeige und damit einem Strafverfahren aussetzen zu müssen.

Manche Patientinnen und Patienten erstatten bei einem vermuteten Behandlungsfehler eine Strafanzeige. Über ein Strafverfahren ist die Schuld der Ärztin oder des Arztes festzustellen. Hierdurch kann der Versuch einer Patientin oder eines Patienten optimiert werden, Schadenersatzansprüche geltend zu machen, ohne selbst das Risiko eines Zivilprozesses einzugehen.

Das strafrechtliche Risiko bedarf daher einer mindestens ebenso effektiven Absicherung wie das Haftungsrisiko. Die Haftpflichtversicherung im Schadenersatzprozess wie auch die herkömmliche Berufs-Rechtsschutzversicherung im Strafprozess kann unter bestimmten Umständen allerdings die Deckung verweigern, beispielsweise bei vorsätzlichem Verhalten. Dieses liegt schon dann vor, wenn die Ärztin oder der Arzt einen Misserfolg oder einen bestimmten Schadenseintritt für möglich hält und gegen dessen Verwirklichung nichts unternimmt. Hinzu kommt, dass Ärztinnen und Ärzte auch für Handlungen ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die strafrechtliche Verantwortung tragen, und zwar aus dem Aspekt des Überwachungsverschuldens.

Neben der Kompetenz der Strafverteidigerin oder des Strafverteidigers ist hier oft die Einholung eines eigenen Sachverständigengutachtens von erheblicher Bedeutung für den Ausgang des Verfahrens. Zwar beauftragen Richterinnen und Richter von sich aus Sachverständige, in der Praxis können jedoch private Sachverständigengutachten einem Verfahren eine entscheidende Wende geben.

Die Straf-Rechtsschutz-Versicherung deckt die Kosten für dieses Risiko ab.

Produkte für Absicherung, Kapitalbildung und Altersvorsorge

Eine Lebensversicherung dient zur Absicherung diverser finanzieller Risiken in Bezug auf das menschliche Leben und wird in verschiedenen Varianten angeboten. Je nach Ausprägung des Produktes steht dabei das Element der Risikovorsorge, die Ansparung von Kapital oder das Ziel der Altersvorsorge im Vordergrund.

Die Leistung des Versicherungsnehmenden besteht in der Bezahlung der Prämie. Im Gegenzug gewährt das Versicherungsunternehmen Schutz und erbringt im Fall des Eintritts des versicherten Ereignisses (beispielsweise Tod während der Laufzeit des Versicherungsvertrags oder Erleben des Pensionsantrittsalters) die vertraglich vereinbarte Versicherungsleistung zuzüglich einer allfälligen Gewinnbeteiligung. Über diese Gewinn- oder Überschussbeteiligung kann die oder der Versicherungsnehmende in einem hohen Ausmaß an den Erträgen der veranlagten Gelder des Versicherungsunternehmens teilhaben.

Bei einer Risikoversicherung wird die Versicherungssumme bei Eintritt des Todes der versicherten Person fällig. Mit dieser Versicherung kann bei verhältnismäßig niedrigen Prämien Vorsorge gegen das finanzielle Risiko im Ablebensfall getroffen werden. Erlebt die versicherte Person den Ablauf der Versicherung, dann wird bei der reinen Risikoversicherung keine Versicherungsleistung fällig.

Die gemischte sogenannte Er- und Ablebensversicherung ist die bekannteste Form der Lebensversicherung. Sie ist zum einen Vorsorge für den Todesfall, in dem im Regelfall die gleiche Leistung wie bei der Risikoversicherung erbracht wird, zum anderen dient sie der Ansparung von Kapital für den Erlebensfall. Zunehmende Bedeutung hat hierbei die private Pensionsversicherung erlangt, bei der ab dem Pensionsantrittsalter eine lebenslängliche Rente ausbezahlt wird. Bei diesen Versicherungen besteht auch die Möglichkeit, die Weiterzahlung einer Witwen-/Witwerrente nach dem Tod der Rentenbezieherin bzw. des Rentenbeziehers zu vereinbaren.

Lebensversicherungen können vielfach durch Zusatzversicherungen ergänzt werden. Zu diesen gehört beispielsweise die Berufsunfähigkeitsversicherung, bei der im Falle des Eintritts der Berufsunfähigkeit keine weiteren Versicherungsprämien mehr zu zahlen sind und zusätzlich eine Rente ausbezahlt wird.

Eine weitere Option ist die Unfall-Zusatzversicherung, bei der im Fall des Ablebens der bzw. des Versicherten durch einen Unfall eine zusätzliche Versicherungsleistung fällig wird.

Neben den klassischen Versicherungen gibt es neue Varianten von Er- und Ablebensversicherungen, bei denen die Leistung, die der Versicherer im Erlebensfall der versicherten Person erbringt, an die Wertentwicklung eines Fonds (fondsgebundene Lebensversicherung) oder eines vereinbarten Bezugswertes (indexgebundene Lebensversicherung) gekoppelt ist. Bei anderen neuen Lebensversicherungsprodukten ist neben dem Ableben auch der Eintritt verschiedener schwerer Krankheiten als Versicherungsfall vorgesehen (Dread-Disease-Versicherung).

Unfallversicherung besonders wichtig bei Freizeitunfällen

Pro Jahr verunglücken mehr als 700.000 Personen in der Freizeit, im Straßenverkehr oder am Arbeitsplatz. Bezieht man diese Zahl auf alle Einwohnerinnen und Einwohner Österreichs, dann liegt die Wahrscheinlichkeit eines Unfalls pro Person doch bei etwa 8%.

Die meisten Unfälle verlaufen glimpflich. Doch was passiert in den seltenen Einzelfällen, wo durch schwerwiegende Behinderung beispielsweise eine weitere Ausübung des Berufes nicht mehr möglich ist?

Hierbei sind Arbeitsunfälle von Freizeitunfällen zu unterscheiden.

  • Bei einem Arbeitsunfall wird der Verdienst des letzten Jahres als Bemessungsgrundlage herangezogen und ein Teil durch die gesetzliche Unfallversicherung abgedeckt. Die entstehende Finanzlücke sollte die private Unfallversicherung abdecken.
  • Bei den wesentlich häufiger vorkommenden Freizeitunfällen ist die Situation dramatisch. Hier zahlt die gesetzliche Unfallversicherung gar nichts. Zur Überbrückung des Finanzlochs sollte in diesen Fällen jede Person mit einer privaten Unfallversicherung ausgestattet sein. Diese ist so zu dimensionieren, dass bei Invalidität genügend Geld ausbezahlt wird, um die anfallenden Kosten begleichen und zusätzlich aus dem Zinsertrag den Lebensunterhalt bestreiten zu können.

Die Absicherung dieser sogenannten Invalidität ist das Herzstück jeder Unfallversicherung, zusätzlich lassen sich auch Schmerzengeld, Unfalltod, Taggeld, Pflegetaggeld, Spitalgeld und Unfallkosten versichern. Um diese horrenden Summen absichern zu können, lassen sich Unfallversicherungen mit sogenannten Progressionen ausstatten. Dies bedeutet, dass mit zunehmender Invalidität die tatsächlich ausgezahlte Summe überproportional ansteigt. Letztlich ermöglicht diese Progression den Versicherungsunternehmen, derartige Verträge überhaupt zu leistbaren Tarifen anbieten zu können.

Für Ärztinnen und Ärzte gibt es eine weitere Möglichkeit der Vertragsoptimierung. Mit der verbesserten Gliedertaxe werden bestimmte Invaliditätsarten besonders gut abgesichert, beispielsweise der Verlust einzelner Finger. Während der Verlust des Daumens infolge eines Unfalls normalerweise nur einen Invaliditätsgrad von 20% bedeutet, liegt er bei Ärztinnen und Ärzten bereits bei 100%. Ohne Daumen ist eine Ärztin oder ein Arzt schließlich normalerweise nicht mehr in der Lage, den Beruf auszuüben.

Zur Person

Die Zieger Ärzteberatungs GmbH wurde 1988 von Wilhelm Zieger gegründet, der sich schon damals auf das äußerst komplexe Versicherungsmanagement für Ärztinnen und Ärzte spezialisiert hat. Er gilt bis heute als Experte für die Abdeckung von wirtschaftlichen, zivil- und strafrechtlichen Risiken im Bereich der ärztlichen Haftung. Sein Sohn Joachim Zieger sagt, dass er durch die Erfahrung seines Vaters in den Betrieb hineinwachsen konnte und so selbst Referent bei Vorträgen und Seminaren zu diesem Thema wurde.

Joachim Zieger, Akademischer Versicherungsmakler (WU)
Geschäftsführer der Zieger Ärzteberatungs GmbH
Büro: +43/316/38 32 73-15
Mobil: +43/664/255 82 65
joachim.zieger@aerzteberatung.com

Was erwartet Sie im nächsten Teil der Serie?
Im nächsten Beitrag setze ich mit folgenden Versicherungen fort:

  • Betriebsunterbrechungsversicherung
  • Büro-Pauschalversicherung