6. März 2024Wege in die ärztliche Selbstständigkeit – Teil 15

Tipps für den Produktverkauf in der Ordination

Durch den Verkauf von Produkten wie Nahrungsergänzungsmitteln lassen sich zusätzliche Einkünfte generieren. Worauf zu achten ist, erfahren Sie hier.

Vektor eines medizinischen Personals, einer Gruppe selbstbewusster Ärzte und Krankenschwestern
Feodora Chiosea/GettyImages

Bereits zu Beginn unserer Gruppenpraxis haben wir begonnen, eine eigene Produktlinie zu entwickeln und diese unseren Patientinnen und Patienten anzubieten. Aus eigener Erfahrung in der orthopädischen Gruppenpraxis kann ich festhalten: Produktverkauf in Ordinationen wird von Patientinnen und Patienten gerne angenommen. Produkten, die auf diese Art erworben werden, wird oft eine höhere Qualität zugeschrieben als jenen, die im „freien Handel“ zu haben sind.

Bei allen Verkaufsprodukten ist darauf zu achten, dass kein Medikament enthalten sein darf. In der Ordination ist ausschließlich der Verkauf von Medizinprodukten erlaubt, der Handel mit Medikamenten ist ohne Ausnahme den Apotheken vorbehalten!

Produkte, die sich in Ordinationen zum Verkauf anbieten

Alle Produkte, die in unserer Gruppenpraxis angeboten werden, werden speziell für unsere Ordination produziert und mit dem Logo „Orthopädie Wiener Neustadt“ verpackt. Ich habe in der Tabelle die gesamte Produktpalette aufgeführt, um Inspiration zu bieten und Ihre Fantasie anzuregen. Die orthopädisch relevanten Produkte sind sicher auch für jede allgemeinmedizinische Ordination geeignet.

Aktuelle Produkte, die in der Gruppenpraxis angeboten werden

  • GELENKKOMPLEX 90 Kps.: Gegen schmerzhafte und abgenützte Gelenke
  • WIRBELSÄULENKOMPLEX 90 Kps.: Bei Bandscheibenschäden und Abnützungen der Wirbelsäule
  • MEDIZINISCHES ARTHROSE-ÖL: Zur äußeren Anwendung für schmerzhafte kleine Gelenke
  • VITAMIN D3-Tropfen: Für gesunde Knochen, gegen Osteoporose, verbessert Muskelfunktion und das Immunsystem, rasche Wirkung, geschmacksneutral
  • CALCIUM plus D3 120 Kps.: Für gesunde Knochen, gegen Osteoporose, verbessert Muskelfunktion und das Immunsystem
  • MAGNESIUM Formula 180 Kps.: Gegen Müdigkeit und Erschöpfung, für Muskelfunktion, Nervensystem, Energiestoffwechsel und psychisches Wohlbefinden
  • NEUROWOHL 80 Kps.: Für schnelle Nervenregeneration und Förderung der Wundheilung
  • VITAMIN B Aktiv 60 Kps.: Vitamin B2, Vitamin B6, Folsäure, Vitamin B12, Calcium und Magnesium
  • PFLEGEÖL nach Gips: Pflegendes Haut-, Wund- und Narbenöl mit ätherischen Ölen
  • SALBE wärmend: Wärmende natürliche Muskel- u. Gelenksalbe bei Schmerz und Verspannung
  • GEL kühlend: Kühlendes natürliches Muskel- und Gelenkgel bei Schwellung und/oder Verletzung
  • Infektionsschutz vor Operation (dieses Produkt wird zugekauft)

Für Augenärztinnen und Augenärzte bietet es sich an, Kontaktlinsen anzubieten, mit denen leicht Umsätze generiert werden können. Dermatologinnen und Dermatologen können beispielsweise qualitativ hochwertige Kosmetika verkaufen. Dieses Fach bietet sich auch zur Entwicklung einer eigenen Produktlinie an. Beispiele für die allgemeinmedizinische Praxis wären Nahrungsergänzungsmittel sowie Produkte zur Gewichtsreduktion.

Rechtliche Voraussetzung und Preiskalkulation für Produktverkauf

Um in Ihrer Ordination Produkte verkaufen zu können, müssen Sie bei der Wirtschaftskammer ein Gewerbe anmelden. Als Ärztin bzw. Arzt erfüllen Sie bereits alle Anforderungen dafür. Lediglich die formale Anmeldung des Gewerbes ist erforderlich.

Der Verkauf medizinischer Produkte kann ein durchaus lukratives Geschäft sein und bietet nicht nur Wahlärztinnen und Wahlärzten, sondern auch Ordinationen mit Kassenvertrag ein nicht uninteressantes Nebeneinkommen. Allerdings gilt es einige Aspekte zu überdenken und zu beachten, bevor Sie damit beginnen, diese Einkommensquelle für sich zu erschließen.

Zunächst gilt es, die möglichen Verkaufschancen abzuwägen. Hierbei empfiehlt es sich, zunächst mit einer kleineren Produktpalette zu beginnen und Produkte auszuwählen, die Patientinnen und Patienten auch in Apotheken häufig kaufen.

Bei der Preiskalkulation sollte der übliche Verkaufspreis von ähnlichen Produkten in Apotheken möglichst nicht überschritten werden. Das beste Produkt wird zum Ladenhüter, wenn der Preis zu hoch ist.

Zusätzlich muss bedacht werden, dass Personalkosten anfallen:

  • für den Verkauf
  • für die Etablierung eines Bestellwesens mit einer entsprechenden Lagerhaltung
  • für die Kontrolle des Lagerstandes.

Die Einrichtung muss möglicherweise angepasst werden, sodass es möglich ist, die Produkte in einer passenden Vitrine zu präsentieren. Platz für die Produktlagerung muss ebenfalls vorhanden sein bzw. geschaffen werden.

Kosten für Werbung sind im Regelfall als gering einzustufen. Hilfreich ist ein übersichtlicher Folder, der in der Ordination aufgelegt werden kann und die Produkte kurz beschreibt. In unserer Gruppenpraxis ist in den Warteräumen ein Präsentationsvideo der Gruppenpraxis auf Bildschirmen zu sehen. In diesem Video werden die Ärzte und die einzelnen Teams präsentiert, aber auch das gesamte Angebot in der Ordination, zu dem natürlich auch unsere Produkte, die wir verkaufen, zählen.

Wenn Ihnen die Entwicklung einer eigenen Produktlinie zu mühsam ist und Sie Fremdprodukte zukaufen, sind unter Umständen die Zulieferfirmen hilfreich bei der Präsentation der Produkte oder leisten einen Druckkostenbeitrag für die Folder.

Neben Preiskalkulation und Marketing müssen auch die steuerlichen Aspekte einer zusätzlichen Verkaufstätigkeit beachtet werden. Da Umsätze aus dem Produktverkauf nicht als ärztliche Tätigkeit gelten, muss dem Verkaufspreis grundsätzlich Umsatzsteuer in Höhe von 10 bzw. 20% (je nach Art des Produktes) zugeschlagen werden. Diese ist monatlich an das Finanzamt abzuführen. Andererseits berechtigt der Produktverkauf auch zum Vorsteuerabzug aus dem Wareneinkauf. Nach meiner Erfahrung kann – je nach Produkt – mit einer Gewinnspanne von 30–50% gerechnet werden.

Theoretisch könnte man auch von der „Kleinunternehmerregelung“ Gebrauch machen. Kleinunternehmer und -unternehmerinnen sind Unternehmende, die im Inland ihr Unternehmen betreiben und deren Jahresumsatz 35.000 Euro jährlich nicht überschreitet. Dabei ist jedoch zu beachten, dass bei dieser Betrachtung NICHT der Gesamtumsatz des Unternehmenden, sondern ausschließlich der Umsatz aus Produktverkauf als Basis heranzuziehen ist.

Wenn also aus ärztlicher Tätigkeit beispielsweise 500.000 Euro pro Jahr an Umsatz erwirtschaftet werden (wovon im Regelfall einer ärztlichen Ordination auszugehen ist), kann die Kleinunternehmerregelung trotzdem in Anspruch genommen werden. Wenn der zu erwartende Umsatz nicht einzuschätzen ist und die Produktpalette klein ist, ist daher zu Beginn der Verkaufstätigkeit davon auszugehen, dass die Kleinunternehmerregelung die bessere Lösung ist, da keine regelmäßige Umsatzsteuererklärung durchgeführt werden muss.

Produktverkauf und Krankenversicherung

Im Regelfall wird die gewerbliche Nebentätigkeit – nämlich der Produktverkauf – niedrigere Gewinne abwerfen als die ärztliche Tätigkeit. Diese Tatsache bietet die Möglichkeit, als Unternehmerin bzw. Unternehmer und nicht als Ärztin bzw. Arzt die Krankenversicherung in Anspruch zu nehmen. Dies stellt die kostengünstigste Möglichkeit einer Krankenversicherung dar. Ich empfehle diesbezüglich ein Gespräch mit Ihrer Steuerberaterin oder Ihrem Steuerberater.

Produktverkauf im Familienverbund

Wenn Sie Ihre Ehepartnerin oder ihren Ehepartner in die gewerbliche Tätigkeit, also in den Verkauf von Produkten, miteinbeziehen, kann dies für Sie mehrere Vorteile bringen. Einerseits wird die Verkaufstätigkeit wahrscheinlich mit mehr Enthusiasmus erledigt als von einer Ordinationshilfe, die den Verkauf nur als Zusatzaufgabe oder gar Mehrbelastung zu ihrer „normalen“ Tätigkeit sieht. Ohne finanziellen Anreiz, etwa eine Umsatzbeteiligung, ist bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern meist keine große Verkaufsmotivation zu erwarten.

Andererseits ermöglicht Ihnen der Produktverkauf, Ihre Partnerin bzw. Ihren Partner im Rahmen eines Dienstverhältnisses zu beschäftigen und ein für die Finanzverwaltung glaubhaftes Aufgabengebiet präsentieren zu können. Im Rahmen von Betriebsprüfungen muss nämlich immer wieder nachgewiesen werden, ob das Dienstverhältnis der Ehegattin oder des Ehegatten nicht nur auf dem Papier und für Zwecke der Steuerersparnis existiert.

Daher empfiehlt es sich, eine schriftliche Arbeitsplatzbeschreibung zu verfassen. In dieser soll das Aufgabegebiet der Partnerin oder des Partners grob definiert sein und der genaue Tätigkeitsbericht über die verrichtete Arbeit erfasst werden.

Fazit: Produktverkauf sorgt für Zusatzeinkommen

Die Option Produktverkauf kann junge Wahlärztinnen und Wahlärzte in den Gründungsjahren wirtschaftlich unterstützen und die zu Beginn niedrigen ärztlichen Einnahmen etwas kompensieren. Für Kassenärztinnen und Kassenärzte sowie etablierte Wahlärztinnen und Wahlärzte ist durch den Produktverkauf ein interessantes Zusatzeinkommen möglich.

Was erwartet Sie im nächsten Teil der Serie?
Im nächsten Monat werde ich mich mit dem wichtigen Thema der Versicherungen in der Ordination beschäftigen.