24. Juni 2015

Kampagne gegen Arznei-Fakes

MEDIKAMENTENFALSCHUNGEN – Gesundheitsministerium, Innenministerium und Apothekerkammer machen mit der Kampagne „Auf der sicheren Seite“ gegen gefälschte Arzneimittel aus dem Internet mobil.

Was auf den ersten Blick wie eine Sammlung von Arzneimitteln aussieht, ist alles gefälscht. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, Kammerpräsident Max Wellan und Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser präsentierten die neue Kampagne „Auf der sicheren Seite“.
Was auf den ersten Blick wie eine Sammlung von Arzneimitteln aussieht, ist alles gefälscht. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, Kammerpräsident Max Wellan und Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser präsentierten die neue Kampagne „Auf der sicheren Seite“.

„Oft sind die Heilmittel schlimmer als die Krankheit“, meinte Innenministerin Mag. Johanna Mikl-Leitner in Anspielung auf die zunehmende Zahl der Arzneimittelfälschungen aus dem Internet anlässlich der Pressekonferenz zur Aufklärungsinitiative „Auf der sicheren Seite“. Gibt man auf Google die Suchbegriffe „Medikamente kaufen“ ein, erhält man über 900.000 Ergebnisse. „Alleine das zeigt die Tragweite dessen, was hier über das Internet angeboten wird“, so Mikl-Leitner. Laut den Untersuchungsergebnissen der AGES Medizinmarktaufsicht sind 95 % der im Internet gekauften und danach aufgegriffenen Arzneimittel gefälscht.

Auf der sicheren Seite

Daher wurde auch in diesem Jahr die Kampagne „Auf der sicheren Seite“ erneut gestartet. Sie besteht im Wesentlichen aus fünf zentralen Elementen:

  • Die Webseite www.auf-der-sicheren-seite.at, die aktiv über die Gefahren gefälschter Arzneimittel aus dem Internet informiert.
  • Warnhinweise auf Google, wenn jemand nach Medikamenten sucht.
  • Werbebanner auf großen Internetseiten
  • Ein YouTube-Video warnt vor gefälschten Arzneimitteln auf http://bit.ly/1K70cFr.
  • In den Apotheken und auch bei Sportvereinen wird es eine groß angelegte Postkartenaktion geben.

„Mit diesem Angebot möchten wir die Bevölkerung sensibilisieren und sie darüber informieren, dass es zwar nicht verboten ist, Medikamente im Internet zu kaufen, aber dass man damit meist kriminelle Strukturen unterstützt“, so die Innenministerin. Der Verkauf von gefälschten Arzneimitteln wird in Österreich mit einer Freiheitsstrafe geahndet. Alleine der Fall „Vigorali“ aus dem Vorjahr (Pharmaceutical Tribune berichtete) zeigt laut Mikl-Leitner, dass „illegaler Medikamentenhandel kein Kavaliersdelikt ist, sondern dass das umfangreich geahndet und bestraft werden muss“. Sie zeigte sich sichtlich stolz, dass die Kampagne „Auf der sicheren Seite“ von Interpol mittlerweile zum Benchmark-Projekt erklärt wurde.

Nur keine Blauäugigkeit

„Der Konsument wird doppelt betrogen“, ergänzte Gesundheitsministerin Dr. Sabine Oberhauser, „er zahlt gutes Geld für etwas, wo entweder nichts, etwas Gefährliches oder zu wenig drinnen ist.“ Die Hits aus dem Internet sind nach wie vor Potenzmittel, Dopingmittel und Schlankmacher. Oberhauser wies noch auf eine andere Problematik hin: „Medikamente, die bei uns aufgrund ihrer Nebenwirkungen längst verboten sind, treiben regen Handel im Internet.“ Daher sei es auch besonders wichtig, sich international zu vernetzen.

„Der illegale Medikamentenhandel ist etwas, das sich auf der internationalen Drehscheibe bewegt“, so Oberhauser. In Anbetracht all dieser Tatsachen ist das Wissen der Österreicher rund um das Thema Arzneimittelfälschungen noch immer vergleichsweise gering. So zeigte eine aktuelle Online-Umfrage der Apothekerkammer, dass jeder Zweite (48 %) nicht weiß, dass es verboten ist, in Österreich rezeptpflichtige Medikamente über das Internet zu verkaufen. Ob ein Arzneimittel rezeptpflichtig ist, wird zum Teil vollkommen falsch eingeschätzt:

  • 60 % der Kenner des Produktes glauben, dass testosteronhältige Medikamente rezeptfrei im Internet erhältlich sind.
  • 31 % glauben, Potenzmittel wie Viagra ® seien rezeptfrei.
  • 65 % der Kenner glauben Xenical® sei rezeptfrei.

„Diese Ergebnisse treffen nicht nur auf die genannten Produktgruppen, sondern auch auf andere wie z.B. rezeptpflichtige Psychopharmaka zu“, erklärte Apothekerkammerpräsident Mag. pharm. Max Wellan. Trotz allem gibt es in der Bevölkerung ein gewisses Bewusstsein für die Gefahren durch gefälschte Arzneimittel. So nannten 55 % der Teilnehmer an der Online-Befragung gefälschte Medikamente als größte Gefahr beim Online-Einkauf und selbst 47 % der Online-Käufer von Medikamenten beteuerten, dass nur Medikamente in der Apotheke bzw. im Fachhandel wirklich sicher sind. Dennoch herrscht beim Online-Einkauf eine gewisse Blauäugigkeit. So würden 47 Prozent der Österreicher zwischen 18 und 70 Jahren in einem Online-Shop Medikamente bestellen, wenn dieser seriös und professionell gestaltet ist.

Kein Wunder, dass der Handel mit gefälschten Arzneimitteln mittlerweile ein größeres Geschäft ist als der Drogenhandel. Die WHO geht davon aus, dass mit dem Handel mit gefälschten Arzneimitteln weltweit rund 100 Mrd. Dollar im Jahr umgesetzt werden. Die Folgen sind kaum abzuschätzen. So spricht die WHO von 100.000 Toten pro Jahr im Zusammenhang mit gefälschten Malaria-Medikamenten. In Österreich ist bisher noch kein Todesfall mit gefälschten Arzneimitteln bekannt. Andere Länder wie z.B. Großbritannien verzeichneten allerdings auch schon Todesfälle.

Fakes don’t care

Parallel dazu läuft die Facebook-Kampagne „Fakes don’t care – but we do“ des Apothekerverbandes (Pharmaceutical Tribune berichtete), mit dem die Bevölkerung ebenfalls auf die Gefahren von im Internet gekauften Arzneimitteln aufmerksam gemacht werden soll. Die Seite www.facebook.com/fakesdontcare berichtet noch bis September über aktuelle Fälle sowie gesundheitliche Folgen von Arzneimittelfälschungen, über Aufgriffe Krimineller und über die Services der Apotheken inklusive der Plattform www.apodirekt.at. „Mit der Kampagne wollen wir alle Online-Käufer wachrütteln und vor den unzähligen Fake- Apotheken im Internet warnen“, erklärte Apothekerverbandspräsident Dr. Christian Müller-Uri in einer Aussendung: „Fälschungssichere Medikamente und die entsprechende Beratung gibt es nur in der Apotheke vor Ort.“

Autor: Mag. Tanja Beck