31. Okt. 2022ECTRIMS 2022

Geschwindigkeit erklärt die kognitive Einschränkung nicht

Ein Vergleich zwischen aktuell in Behandlung befindlichen MS-PatientInnen und einer historischen Kohorte zeigt, dass Auffälligkeiten der kognitiven Verarbeitungsgeschwindigkeit bei gut behandelten MS-PatientInnen selten geworden sind. Allerdings ist das Problem der kognitiven Einschränkungen bei MS damit nicht verschwunden.

Gehirn aus Pillen auf hellminzfarbenem Hintergrund. Ansicht von oben. Tageskonzept für Multiple Sklerose.
Liliia Lysenko/GettyImages

„In der Prä-DMT-Ära präsentierten sich MS-PatientInnen meist mit großen, konfluierenden Läsionen der weißen Substanz und zeigten eine verlangsamte kognitive Verarbeitung sowie Fatigue“, sagt Dr. James Sumowski von der Mount Sinai School of Medicine in New York. Zu Beginn der 1990er Jahre setze das wissenschaftliche Interesse in kognitive Outcomes bei MS-PatientInnen ein. Rao et al.1 definierten im Zusammenhang mit MS den Begriff der subkortikalen Demenz und man entwickelte ein „speed centric“ Modell des kognitiven Abbaus, nach dem die eingeschränkte Verarbeitungsgeschwindigkeit (processing speed) auch die Gedächtnis-Probleme erklärt.

Seit 1991 haben sich allerdings nicht nur die therapeutischen Optionen verbessert, sondern auch die diagnostische Präzision, so Sumowski. PatientInnen werden früher diagnostiziert und erhalten wirksame Therapien. Sumowski: „Wir können die Entstehung neuer Läsionen wirksam unterbinden.“ Ein vertieftes Verständnis der MS-Pathologie hat zudem mehr Aufmerksamkeit auf die neurodegenerative Komponente der Erkrankung gelenkt und man wisse nun, dass MS zu Atrophie im gesamten Kortex führt. Dem stehe jedoch ein Stillstand im Verständnis der kognitiven Phänomene gegenüber. Man nimmt heute nach wie vor an, dass im Zentrum des kognitiven Abbaus die Abnahme der Verarbeitungsgeschwindigkeit steht und sich alle weiteren Einschränkungen daraus ergeben. Sumowski: „Diesbezüglich sind wir also in den vergangenen 30 Jahren nicht viel weitergekommen. Und wir haben auch keine Therapie, die das Problem wirklich löst.“

Ob und wie weit die modernen DMTs den kognitiven Abbau bei MS verändern, erhoben Sumowski und seine Gruppe in einem Vergleich zwischen einer historischen Kohorte aus dem Jahr 2004 und einem aktuellen Sample von PatientInnen, die in den Jahren 2018 bis 2022 am Mount Sinai MS Centre behandelt wurden. Ziel der Studie war es, die kognitive Dysfunktion in Zeiten der hochwirksamen DMTs besser zu verstehen.

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