6. Nov. 2023Evidenz für die Allgemeinmedizin

Mit geplantem Geschlechtsverkehr zum Wunschkind

Ein aktualisierter Cochrane-Review zeigt, dass Urin-Ovulationstests die Wahrscheinlichkeit auf eine Schwangerschaft erhöhen.

positive pregnany test and a sonogram
Ramona Heim/AdobeStock

Schwanger zu werden hängt von vielen Faktoren ab. Besonders wichtig ist das richtige Timing des Geschlechtsverkehrs. Denn nur im „fruchtbaren“ Zeitfenster lässt sich die Eizelle befruchten, also ca. 5 Tage vor bzw. einige Stunden nach dem Eisprung.

Es gibt verschiedene Methoden, damit Frauen und ihre Partner dieses Zeitfenster vorab eingrenzen und den Geschlechtsverkehr planen können. Zum einen sind dies frei erhältliche Ovulationstests, die das luteinisierende Hormon und Östrogen im Urin messen. Zum anderen gibt es beobachtende Methoden, die das Erkennen der fruchtbaren Tage ermöglichen sollen; beispielsweise das Messen der Basaltemperatur, die Beobachtung des Zervixschleims oder Kalender- und Tracking-Apps. Neben diesen Methoden für die Anwendung zuhause gibt es auch Ultraschalluntersuchungen durch einen Arzt oder eine Ärztin.

Die Zielsetzung

Ein Cochrane-Team untersuchte Nutzen und Risiken von verschiedenen Methoden zur Ovulationsprognose und zeitlicher Planung des Geschlechtsverkehrs. Sie wollten wissen, wie sich diese auf die Empfängniswahrscheinlichkeit von Paaren mit Kinderwunsch auswirken.

Die Evidenz

Das Cochrane-Team identifizierte 7 randomisierte kontrollierte Studien mit insgesamt 2.464 Frauen oder Paaren. Die teilnehmenden Frauen waren maximal 40 Jahre alt, und die Paare versuchten noch nicht länger als 12 Monate schwanger zu werden.

Urin-Ovulationstests

Urin-Ovulationstests erhöhen wahrscheinlich die Aussicht auf eine klinische Schwangerschaft oder einen positiven Schwangerschaftstest von 18% (ohne Ovulationsprognose) pro Zyklus auf 20–28%. Auch die Chance auf ein lebendgeborenes Kind erhöht sich wahrscheinlich (Relatives Risiko RR 1,36; 95 %-Konfidenzintervall KI 1,02–1,81; 1 RCT; 844 Teilnehmerinnen). Die Evidenz lässt keine klaren Schlüsse zu, inwiefern die Verwendung von Ovulationstests zu erhöhtem Stress, Angstzuständen, Depression oder erektiler Dysfunktion bei den Paaren führt.

Andere Methoden zur Eisprungerkennung

Aufgrund unzureichender Evidenz war das Cochrane-Team eher unsicher, ob geplanter Geschlechtsverkehr basierend auf anderen beobachtenden Methoden häufiger zu Lebendgeburten führt als Geschlechtsverkehr ohne Ovulationsprognose (RR 0,95; 95%-KI 0,76–1,20; 2 RCTs; 157 Teilnehmerinnen). Auch ob „nur“ das Schwangerwerden an sich erleichtert wird, war aus der unzureichenden Evidenz nicht abzuleiten (klinische Schwangerschaft: RR 1,13; 95%-KI 0,31–4,07; 1 RCT; 17 Teilnehmerinnen; klinische Schwangerschaft, positiver Schwangerschaftstest: RR 1,08; 95%-KI 0,89–1,30; 3 RCTs; 262 Teilnehmerinnen). Zu eventuellen unerwünschten Effekten dieser Methoden wie Stress, Depression, erektile Dysfunktion oder Angstzustände fehlen auch hier aussagekräftige Daten.

In keiner Studie wurde untersucht, wie sich geplanter Geschlechtsverkehr auswirkt, wenn die Prognose des Eisprungs mittels Ultraschalluntersuchung erfolgt.

Schlussfolgerungen

Geplanter Geschlechtsverkehr, zeitlich abgestimmt mithilfe von Urin-Ovulationstests, erhöht die Wahrscheinlichkeit von Schwangerschaften und Lebendgeburten. Diese Aussagen sind laut aktueller Datenbasis gültig für Frauen unter 40 Jahren, die noch nicht länger als 12 Monate versuchen, schwanger zu werden – im Vergleich zu Paaren ohne Ovulationsprognose.

Zu anderen Methoden der Ovulationsprognose lässt die aktuelle Studienlage keine Schlüsse zu. Es liegen auch keine ausreichenden Daten dazu vor, wie sich geplanter Geschlechtsverkehr auf die Zeit bis zur Schwangerschaft, die Lebensqualität und unerwünschte Ereignisse wie Stress auswirkt. Weitere Forschungsarbeiten sind hier notwendig.

Weiterführende Ergebnisse finden Sie im zugehörigen Cochrane Review hier.

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Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune