Heimische Exantheme tropischer Herkunft
Hinter Exanthemen kann eine Vielzahl verschiedener Krankheiten stecken, von Masern über Zeckenstichfieber bis hin zu Tropenkrankheiten und einer Infektion mit HIV. Grund genug, bei der Anamnese akribisch nachzufragen.
Neben eigenständigen Hautkrankheiten (Neurodermitis, Psoriasis, Lichen ruber etc.) kommen als Auslöser eines Exanthems Arzneimittelreaktionen und vor allem virale Infektionen infrage, erläuterte Prof. Dr. Mario Fabri von der Klinik für Dermatologie und Venerologie, Universität zu Köln. Ein Beispiel, das jedem bekannt vorkommen sollte, ist ein fiebriger Patient mit allgemeinem Krankheitsgefühl und einem nicht juckenden, makulopapulösen Exanthem, das sich vom Nacken aus schnell ausbreitet sowie mit weißen Flecken an der Mundschleimhaut einhergeht. Auch wenn der von Fabri vorgestellte 19-Jährige vorher in Indonesien war und dort ungeschützten Geschlechtsverkehr hatte, zeigen die Art der Ausbreitung, die pathognomonischen oralen Koplik-Flecken (s. Kasten) sowie die Labordiagnostik ein eindeutiges Bild: Masern.
Dennoch wäre differenzialdiagnostisch einiges denkbar gewesen. „Sie werden wahrscheinlich häufiger Masern diagnostizieren als ein Krim-Kongo-Fieber“, so Fabri. Daher müsse man sich bei einer positiven Reiseanamnese nicht gleich verrückt machen. Nichtsdestotrotz sollte man aufmerksam bleiben. Nicht selten kommen von Reisen auch alte Bekannte mit zurück.
Bei sexuellen Kontakten HIV-Infektion ausschließen
Insbesondere mit Syphilis als Differenzialdiagnose liegt man bei einem Exanthem in der Regel nie falsch. Der klassische Ausschlag zeigt sich etwa sechs Wochen nach der Infektion (oft nach Abheilung des Primärulkus), schließt Handinnenflächen und Fußsohlen mit ein und rezidiviert.
Auch eine Mononukleose kommt in Betracht. Diese geht an sich nur in 10–20 % der Fälle mit einem Exanthem einher. Erhält der Patient allerdings aufgrund der Halsentzündungsbeschwerden erst Amoxicillin (oder anderes Aminopenicillin) steigt die Wahrscheinlichkeit auf über 90 %. Die Verläufe lassen sich dann nur schwer von einem Arzneimittel-Exanthem abgrenzen. Beinhaltete die Reise wie im Fall des 19-Jährigen sexuelle Risikokontakte, sollte man neben Syphilis auch eine HIV-Infektion ausschließen, deren Exanthem dem der Mononukleose sehr ähnelt.
Gerade nach Ferien in tropischen oder subtropischen Ländern muss man Arbovirosen auf dem Schirm haben. Diese gewinnen auch hierzulande an Bedeutung, weil sich Vektoren wie die asiatische Tigermücke ausbreiten.
Typisch für Dengue ist ein zuerst sonnenbrandartiges, dann meist mildes makulopapulöses Exanthem mit Aussparungen, die wie „weiße Inseln auf der geröteten Haut“ wirken, erläuterte Fabri. Es juckt nicht und beginnt nach drei bis sechs Tagen ausgehend von Hand- und Fußrücken. Oft berichten die Patienten über einen hämmernden Retrobulbärschmerz oder muskuloskelettale Beschwerden (Break Bone Fever). Erstinfektionen bleiben aber in der Regel mild und sind nur selten hämorrhagisch oder mit Schock verbunden. Zweitinfektionen können durchaus schwerer verlaufen.
Zika-Exantheme oft mit begleitender Konjunktivitis
Hautausschläge im Rahmen einer Zika-Infektion sind ebenfalls makulopapulös und treten innerhalb der ersten Woche auf. Sie jucken leicht und betreffen Stamm, Hals und Gesicht (inkl. Mundschleimhaut), eine palmoplantare Beteiligung ist dagegen selten. Zum typischen klinischen Bild gehört eine zum Teil lang anhaltende, ausgeprägte Konjunktivitis. Hämorrhagien kommen nicht häufig vor.
Zentripetal und makulopapulös manifestiert sich das Erythem bei jedem zweiten Patienten mit Chikungunya ein bis zwei Tage nach der Infektion. Diese Arbovirose geht in der Regel mit bilateralen Arthralgien einher, die auch persistieren können.
Rickettsien schon bei Verdacht behandeln
Insekten und Spinnentiere beherbergen aber nicht nur Viren. Etwa 5 Prozent der Safari-Touristen bringen ein afrikanisches Zeckenstichfieber mit nach Hause und machen es damit zur hierzulande häufigsten diagnostizierten Rickettsiose. Typisch ist, dass nicht nur ein Exanthem auftritt, sondern sich ein Eschar bildet. Der Verlauf ist meist mild, schwere Infektionen sind aber möglich.
Eine bei uns weniger häufige Rickettsiose ist das in den USA, Kanada, Mexiko und Mittelamerika verbreitete Rocky Mountain Spotted Fever. Es äußert sich anfangs unspezifisch, bildet keinen Eschar aus und geht mit hohem Fieber, Konjunktivitiden, Kopf- und Gelenkschmerzen einher. Kinder klagen erst oft nur über Bauchschmerzen.
Infektiöse Exantheme bei Kindern und Begleiterscheinungen
Je nach Auslöser kann das Exanthem sehr charakteristisch ausfallen:
- Masernvirus: makulopapulöses konfluierendes Exanthem, das häufig im Nacken beginnt. Das Gesicht der Kinder wirkt oft „verheult, verrotzt oder verquollen“ und oral zeigen sich pathognomonisch weiße Koplik-Flecken.
- Parvovirus B19 (Ringelröteln): girlandenförmiges Exanthem, v.a. an den proximalen Extremitäten, das kommt und geht. Außerdem sehen die Patienten aus, „als hätten sie links und rechts eine Ohrfeige bekommen“.
- Rötelnvirus: makulopapulöses Exanthem, kleinflächiger als bei Masern und nicht konfluierend.
- HHV-6, HHV-7 (Exanthema subitum): nacken- und stammbetontes makulöses Exanthem.
- Varizellen: charakteristisches Exanthem mit verschiedenen Effloreszenzen (Bläschen, Flecken, Papeln) nebeneinander, alias „Heubnersche Sternenhimmelkarte“. Mundschleimhaut, Kopfhaut und Hände sind mitbetroffen.
Bei schweren Infektionen Doxycyclin auch für Kinder
Für beide Rickettsiosen gilt: Behandelt wird bereits bei klinischem Verdacht sofort mit Doxycyclin. Die Todeszahlen in den USA sind besonders hoch bei kleinen Kindern und alten Personen. Es heißt zwar immer, Doxycyclin sei aufgrund der Zahnverfärbungen bei Kindern kontraindiziert, „das stimmt aber bei solchen schweren Infektionskrankheiten nicht. Ein Kind mit Rickettsiose oder bei dem der klinische Verdacht besteht, muss Doxycyclin bekommen!“, so Fabri. Neue Untersuchungen legen zudem nahe, dass bei einer so kurzen Therapie die Zahnschmelzveränderungen gar nicht auftreten.
Hinsichtlich der Infektionsexantheme gibt es also einige wegweisende klinische Besonderheiten, resümierte der Experte. Fairerweise müsse man aber sagen, dass in der modernen Medizin die virologische Diagnostik für die Diagnose die größere Rolle spiele. Da werde auch mal nachts „einfach alles angekreuzt, was einem irgendwie einfällt“.
128. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin