1. Apr. 2021Da ist doch was im Busch!

Pflanzen mit phototoxischen Inhaltsstoffen verursachen fiese Hautreaktionen

Nicht selten führt die Gartenarbeit an Sonnentagen zu Hautausschlägen. Das kann übel ausgehen – zumal dann, wenn die Pflanzenfreunde spärlich bekleidet mit bestimmten Gewächsen hantieren.

Gartenkelle im Bodenhumus.
iStock/malerapaso

Im Sommer ohne Sonnenschutz im Freien unterwegs? Dass die Folgen eines solch leichtfertigen Verhaltens weit über einen Sonnenbrand hinausreichen können, musste eine 57-jährige Frau auf die harte Tour lernen. Die Gartenfreundin hatte sich mit schmerzenden Hautausschlägen – vor allem an den Armen und Beinen – in der Notaufnahme vorgestellt, berichten Christina Münchhoff-Barker von der Klinik für Hautkrankheiten am Universitätsklinikum Jena und ihre Kollegen.

Diagnose: Dermatitis bullosa pratensis

Die Frau erzählte, an den beiden vergangenen Tagen im Garten gearbeitet zu haben, lediglich mit einem Bikini bekleidet und ohne Sonnenschutzmittel. Wenige Stunden nach der Arbeit habe sie zunächst Stiche und Brennen an den Extremitäten wahrgenommen, am Abend des zweiten Tages schließlich hätten sich an den Beinen so pralle Blasen und ein derartiges Spannungsgefühl entwickelt, dass sie nicht mehr ohne Probleme habe laufen können.

Die Anamnese, auch die der Familie, war leer. Die Patientin selbst litt lediglich an einem Glaukom, für das sie Latanoprost-Augentropfen verwendete. Sonstige Medikamente nahm sie nicht regelmäßig. Die körperliche Untersuchung zeigte Bläschen und erythematöse Papeln an den Armen sowie multiple prall gefüllte Bullae auf leicht erythematösem Grund an den Beinen. Dazu kamen streifenartige Rötungen an sämtlichen Extremitäten. Im Labor fiel lediglich ein erhöhtes CRP auf, alle anderen Werte waren unauffällig. Als die Kollegen gezielt nachfragten, was in dem Garten so alles wachse, nannte die Frau unter anderem Diptam (Dictamnus albus), eine Pflanze aus der Familie der Rautengewächse. Damit war für die Dermatologen die Sache klar: Die Pflanzenfreundin litt an einer Dermatitis bullosa pratensis, auf Deutsch: an einer Wiesengrasdermatitis.

Diese Erkrankung gehört zu den photophytotoxischen Dermatosen. Dabei wirken bestimmte Pflanzeninhaltsstoffe als Sensibilisatoren, die unter dem Einfluss von UV-Strahlung aktiviert werden und die beschriebenen Hautveränderungen hervorrufen. Derartige Substanzen finden sich vor allem bei den Doldenblütlern (Apiaceae), etwa dem Riesenbärenklau, ebenso bei den Maulbeer- und Rautengewächsen (Moraceae bzw. Rutaceae). Auch das Grün der Karotte und die Bergamotte, ein Zitrusgewächs, enthalten derartige phototoxische Substanzen.

Lange Ärmel, lange Hosen und Handschuhe tragen

Die Patientin bekam zunächst intravenös, danach oral Prednisolon. Die Ärzte starteten die Therapie mit 50 mg und reduzierten alle drei Tage um 10 mg. Außerdem punktierten sie die großen Blasen und bedeckten die geröteten Hautpartien mit Fusidinsäure-imprägnierter Gaze. Anfangs erhielt die Frau zudem eine topische Therapie mit Kortikosteroiden und Fusidinsäure, die Reinigung erfolgte mit einer speziellen antimikrobiellen Waschlösung. Unter dieser Behandlung erholte sich die Kranke innerhalb von acht Tagen so weit, dass die Kollegen sie nach Hause entlassen konnten. Vorher legten sie ihr noch ans Herz, den Kontakt mit phototoxischen Pflanzen zu meiden – und die Gartenarbeit nicht mehr im Bikini zu erledigen, sondern dabei langärmlige T-Shirts, lange Hosen und Handschuhe zu tragen.

Quelle: Münchhoff-Barker C, Tittelbach J, Elsner P. „57-jährige Patientin mit Blasen und striatiformen Erythemen an den Extremitäten“, Dtsch Med Wochenschr 2020; 145: 1795–1798; doi: 10.1055/a-1275-3835 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart, New York

Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune