Glucosinolate – schießen „scharf“ gegen Bakterien und Viren

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Glucosinolate, auch Senfölglykoside, sind in zahlreichen Pflanzen enthalten. Zu den bekanntesten Vertretern zählen Kapuzinerkresse, Meerrettich und Senf. Ihren Einsatz finden Glucosinolate unter anderem bei Atemwegs- und Harnwegsinfekten.

Glucosinolate – bisher sind über 120 bekannt – wurden fast nur in zweikeimblättrigen Pflanzen gefunden. Sie sind in allen Teilen der Pflanzen enthalten und werden in den Vakuolen gespeichert.1 Alle Glucosinolate sind chemisch stabile Moleküle mit einer gemeinsamen Grundstruktur, die aus einer Glucose-Einheit, einer schwefelhaltigen Gruppierung mit einem Aglukonrest sowie einer Sulfatgruppe besteht. Glucosinolate selbst sind biologisch nicht wirksam. Sie verwandeln sich erst nach enzymatischer Spaltung nach mechanischer Zerkleinerung wie z.B. Zerschneiden oder Zerbeißen der Pflanzenzellen durch den pflanzlichen Enzymkomplex „Myrosinase“ (Thioglucosid-Glucohydrolasen) in die biologisch wirksamen Isothiocyanate, Thiocyanate und Indole. Diese Spaltprodukte weisen einen charakteristischen Geruch und einen scharfen Geschmack auf.2,3

Health Claims4

Für Senfölglykoside wurden noch keine Health Claims definiert.

Steckbrief

Enthalten in …

Glucosinolate kommen vor allem in den als Kruziferen oder Brassicacaeae bezeichneten Kreuzblütlern vor.3 Dazu zählen Rettich, Karfiol, Brokkoli, Rotkraut, Kohlsprossen, Senf, Kohlrabi und Gartenkresse.2 Glucosinolate sind in den Samen der genannten Kruziferen in großen Mengen zu finden. Während der Keimung der Samen reichern sich die Glucosinolate vor allem in den jungen Keimblättern an. So schützen sich die jungen Keimlinge vor Schädlingsfraß. Das Kochen von Gemüse reduziert den Glucosinolat-Gehalt um mehr als 50%.2

 

Tagesbedarf

Es gibt keine Angaben für einen Glucosinolat-Tagesbedarf.2 Laut DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung), Ernährungsbericht 2004, beträgt die geschätzte durchschnittliche Zufuhr von Glucosinolaten mit einer gemischten Kost weniger als 50mg/Tag. Neuere Daten aus dem Ernährungsbericht 2012 weisen auf eine noch niedrigere Zufuhr von knapp 15mg/Tag hin.5

Mögliche Anwendungsgebiete

  • Glucosinolate aus Meerrettichwurzel und Kapuzinerkressekraut werden in der Praxis oft kombiniert innerlich zur Prophylaxe und zur unterstützenden Behandlung von
  • Infekten der ableitenden Harnwege,
  • von Katarrhen der oberen Luftwege sowie bei
  • Sinusitis angewandt.1
  • Auch laut der S3-Leitlinie zur Therapie von unkomplizierten Harnwegsinfektionen kann ein Einsatz von Arzneimitteln mit Kapuzinerkresse und Kren als pflanzliche Behandlungsmöglichkeit bei häufig wiederkehrenden Blasenentzündungen erwogen werden.
  • Äußerlich, meist in Form von Wickeln, werden sie ebenfalls bei Bronchitiden (Inhalation der flüchtigen Isothiocyanate) und leichten Muskelschmerzen angewandt.1 

    Als gesichert gilt auch, dass ein regelmäßiger und ausreichender Konsum von senfölglycosidreichen Gemüsearten und Gewürzen mit einer selteneren Häufigkeit von Krebserkrankungen korreliert.

Praxistipps

  • Zubereitungen aus Kapuzinerkressenkraut und Meerrettichwurzel sollen mit ausreichend Flüssigkeit nach den Mahlzeiten eingenommen werden.
  • Häufige Nebenwirkungen sind Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit, Blähungen, Sodbrennen, Durchfall und Oberbauchdruck.
  • Kontraindikationen für die Einnahme glucosinolathaltiger Zubereitungen sind Magen- und Darmgeschwüre sowie akute Nierenentzündungen bzw. Nierenerkrankungen.1
  • Bei Säuglingen und Kleinkindern darf keine Anwendung erfolgen.
  • Für die Anwendung in Schwangerschaft und Stillzeit liegen keine ausreichenden Daten vor, daher soll eine Anwendung nur nach Rücksprache mit dem Arzt/der Ärztin erfolgen.

Im Wechselspiel

  • Kapuzinerkresse enthält Vitamin K, daher kann bei gleichzeitiger Einnahme eines Vitamin-K-Antagonisten eine verminderte gerinnungshemmende Wirkung nicht ausgeschlossen werden. Engmaschige Kontrollen sind aus diesem Grund empfohlen.
  • Isothiocyanate und Thiocyanate hemmen kompetitiv die Iodidaufnahme in der Schilddrüse. Bei regelmäßig hohem Verzehr an Kohlgemüse und gleichzeitig geringer Iodversorgung können sie die Entstehung einer Struma („Kohlkropf“) begünstigen.3

Referenzen

1 Teuscher/Lindequist/Melzig, Biogene Arzneimittel – Lehrbuch der pharmazeutischen Biologie, 8. Auflage 2020, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart

2 Fuchs N., Mit Nährstoffen heilen – Eine Einführung in die komplexe Orthomolekulare Nährstoff-Therapie, 3. Auflage 2007, Ralf Reglin Verlag Köln

3 Kasper H., Ernährungsmedizin und Diätetik, 12. Auflage 2014, Urban und Fischer Verlag

4 Verordnung (EU) Nr. 432/2012 der Kommission vom 16. Mai 2012

5 Deutsche Gesellschaft für Ernährung, www.dge.de, DACH-Referenzwerte

6 S3-Leitlinie www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/0430441_S3_Harnwegsinfektionen_2017-05.pdf

7 Gebrauchsinformation ANGOCIN® Anti-Infekt N