7. Aug. 2018

Liebe auf den zweiten Blick

An der Uni bleiben, das wollte er nie. Warum er jetzt doch zum Brillentragenden Oberarzt an der Grazer Universitätsklinik für Innere Medizin wurde, das erzählt Dr. Christoph Suppan der krebs:hilfe!. (krebs:hilfe! 6-7/18) 

Suppan: „Ärzte können sich heute aussuchen, welches Fach sie machen wollen. Wir sollten uns um die Leute bemühen.“

Der Vorschlag, Suppan als Youngstar vorzustellen, erreichte die krebs:hilfe! gleich von zwei Seiten, nämlich von einem seiner früheren Kollegen sowie von der Austrian Breast and Colorectal Cancer Study Group, wo der 33-Jährige stellvertretend dem Executive Committee sowie der Generalversammlung angehört.

Leidenschaft entdecken …

Nach seinem Studium in Graz hat Suppan den Turnus im Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in Linz begonnen. „Dort habe ich die Leidenschaft für die Onkologie entdeckt und entschieden, gleich den Facharzt zu machen. Ausschlaggebend war sicherlich Holger Rumpold“, erzählt der Jung-Onkologe. „Durch ihn habe ich gemerkt, dass die Krebsbehandlung und -entstehung ein sehr spannendes Thema ist. Und man hat sehr viel und regelmäßigen Kontakt zu Patienten, von denen jeder anders mit der Erkrankung umgeht. In der Onkologie wird viel geredet, es entsteht ein Vertrauensverhältnis. Da hab ich sofort gewusst, dass ich das später machen möchte.“ In Linz gab es aber keine freie Stelle, und als er die Zusage von der Grazer Uniklinik erhielt, wechselte Suppan dorthin. – Obwohl er sich das während des Studiums nicht vorstellen konnte. „Als Student hat man eine andere Idee von Uniprofessoren und den ganzen Abläufen und versucht, so wenig Zeit wie möglich an der Uni zu verbringen.

Natürlich gibt es solche und solche. Es gibt die engagierten Uniprofessoren, von denen man viel lernen kann, und es gibt die klassischen, von denen man denkt: So möchte ich nie werden. Die meisten Studenten versuchen, schon das sechste Studienjahr in kleineren Spitälern zu absolvieren, weil man das Gefühl hat, dort mehr zu lernen. Daneben gibt es auch diesen Standard-Medizinstudenten, bei dem man von Anfang an weiß: Der wird an der Uni bleiben. Das war ich nie. Aber ich bin dann letztlich auch einer von ihnen geworden.“ Wie es dazu kam? „Es ist schon ein spezielles Fach, und die Uni bietet einfach mehr Möglichkeiten, aber man braucht Zeit, bis man reinkommt. In der Famulatur weiß man noch zu wenig und sieht die Dinge anders, als wenn man plötzlich selbst eine tragende Funktion hat und sich mehr und mehr mit Medizin beschäftigt.“ Besonders beim Berufseinstieg brauche man jemanden, der einem hilft, sich zu orientieren. „Ich bin durch Marija Balic, die meine Mentorin war, in die Mammakarzinom – Gruppe gekommen und habe versucht, da reinzuwachsen.“

… und in der Lehre weitergeben

Jetzt, da Suppan selbst Studenten unterrichtet, sieht er vieles anders. Und: „Die Studenten kommen mir sehr engagiert und interessiert vor.“ Durch die Lehrtätigkeit wird Suppans Alltag abwechslungsreicher und interessanter. Auch wenn anderes liegen bleibt, möchte er diese Tätigkeit nicht missen. Angesichts des steigenden Bedarfs an Onkologen hält Suppan es für wichtig, der jüngeren Generation das Fach näherzubringen und v.a. die zu begeistern, die gar nicht daran denken, Onkologie zu machen. „Die Brillentragenden, die von vornherein wissen, wo sie hinwollen, kommen sowieso. Heute können sich Ärzte aussuchen, welches Fach sie machen wollen, da muss man sich schon um die Leute bemühen.“

Keine Leistung ohne Druck

Zusammen mit der Humangenetik in Graz arbeitet Suppan an der Erforschung prognostischer und prädiktiver Faktoren beim Mammakarzinom. In einem aktuellen Projekt gelang es, die Progression bei fortgeschrittenem Brustkrebs mittels zirkulierender Tumor-DNA nachzuweisen, bevor diese radiologisch erfassbar war. „Momentan fokussieren wir uns auf Patientinnen, die CDK-4/6-Inhibitoren erhalten.“ Auf diesem Gebiet würde Suppan auch gerne eine Zeitlang an einem der führenden europäischen Zentren, in Belgien oder Italien, mitarbeiten. Davor plant er das Doktorat für klinische Wissenschaft abzuschließen. „Den Großteil der Forschung macht man natürlich in der Freizeit“, sagt Suppan. „Und ich bin jemand, der sich auch gern mit anderen Dingen beschäftigt, Freunde trifft, Sport macht usw. Das ist etwas, wofür man mitunter beneidet wird. – Aber am Papier dann wieder nicht, denn da spiegelt sich die Leistung wider.“

Und natürlich ist man an der Uni immer damit konfrontiert, dass man Leistung bringen will und muss.“ Ein bisschen Druck schade aber nicht, denn: „Keine Leistung ohne Druck.“ Daneben sei es bei der Vielfalt neuer Therapien auch herausfordernd, den Überblick zu behalten. „Spezialisierung macht Sinn und erhöht die Qualität. Andererseits werden an unserer Abteilung Patienten mit allen soliden Tumoren behandelt, sodass man ein breites Wissen benötigt. Man muss am Ball bleiben, es ist ein sehr dynamisches Feld.“ Aber gerade das ständige Dazulernen ist für Suppan die größte Motivationsquelle. „Es ist schön, sich immer besser auszukennen und in einem hochspannenden Gebiet wie diesem mitzuwachsen.“

Weitere Vorschläge für Kandidaten dieser Serie richten Sie bitte an krebshilfe@medizin-medien.at