Ärzte sind viel zu oft Mimosen

Versorgung beschäftigt sich nicht mit einzelnen Patienten (das tut die Behandlung), sondern mit Patienten- oder Bevölkerungsgruppen. Wenn nun ein Versorgungswissenschafter feststellt, dass nur die Hälfte der Diabetiker Medikamente erhält und die Zahl der Spitalsaufenthalte deutlich über internationalem Schnitt liegt; oder, dass nur zehn Prozent der Patienten mit behandlungswürdiger COPD Medikamente einnehmen und weit über internationalem Schnitt im Spital behandelt werden. Dann stellt er fest, dass die Versorgung schlecht ist. Er kritisiert damit die Versorgung, nicht die Behandlung.

Ärzte, die diese Patienten behandeln, fühlen sich dadurch beleidigt – denn, so vermuten sie, hier wird ihre Arbeit „schlechtgemacht“. Doch Versorgung und Behandlung sind zwei verschiedene Dinge. Eine Analogie: Ein Autofahrer hat den Verkehr für die nächsten 100 Meter gut im Blick. Nach hinten ist der Blick viel schlechter, steht doch nur eine kleine Spiegelfläche zur Verfügung, die man nicht einmal konzentriert beobachten kann. Fragt man einen Autofahrer, wie die Verkehrslage ist, wird er diese für 100 Meter nach vorne und 10 nach hinten einschätzen können. Aber darüber hinaus?

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Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune