29. Mai 2014

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen: Ileus unter Psychopharmaka

MohammedElAmine/AdobeStock

Für die Entstehung eines Ileus (Darmverschlusses) sind aus der Literatur einige begünstigende Faktoren bekannt. Darunter zählen unter anderem Folgende: körperliche Inaktivität, Dünndarmerkrankungen, kolorektale Karzinome, ballaststoffarme Ernährung und Medikamente. Unter den Medikamenten mit dieser Nebenwirkung finden sich Opioide, Antihistaminika, aber auch eine Reihe von Psychopharmaka, wie z.B. trizyklische Antidepressiva und Antipsychotika. Im Folgenden wird ein Fall dargestellt, bei dem ein Zusammenhang einer Subileus-Symptomatik mit den eingenommenen Psychopharmaka vermutet wird.

Eine 71-jährige Patientin wird erstmalig wegen einer schweren depressiven Episode, ohne psychotische Symptomatik, an einer stationären psychiatrischen Einrichtung aufgenommen. Die Patientin wird während des stationären Aufenthaltes auf eine Kombinationstherapie mit Amitriptylin, Quetiapin und Prothipendyl eingestellt. Die Medikation mit Amitriptylin wird langsam bis auf 150mg/die erhöht. Die anderen Medikamente werden in folgender Dosierung verordnet: Quetiapin 225mg/die und Prothipendyl 80mg/ die. Wegen erhöhter Pulswerte und Unruhe wird die Patientin zusätzlich auf Propranolol 10mg/ die eingestellt. Eine Behandlung mit Etilefrin- Tropfen 22,5mg/die erfolgt aufgrund eines erniedrigten Blutdruckes. Unter dieser Kombinationstherapie kam es bei der Patientin nach ca. 14 Tagen zu Symptomen wie Völlegefühl, Übelkeit, Appetitlosigkeit und letztendlich zum Auftreten eines stark geblähten Abdomens mit Druckschmerzempfindlichkeit. Konsekutiv wurde der Plasmaspiegel von Amitriptylin bestimmt, der sich um das Zweifache, gegenüber der Norm, erhöht zeigte (1.234ng/ml; Referenzbereich: bis 500ng/ml). Eine chirurgisch- fachärztliche Begutachtung und ein Abdomen-CT bestätigten den Verdacht auf Subileus. Die Patientin erhielt eine Infusionstherapie mit Ringer-Lactat und zusätzlicher Gabe von Metamizol und Metoclopramid. Die Medikation mit Amitriptylin, Prothipendyl, Quetiapin und Propranolol wurde abgesetzt, und die Patientin wurde auf Mirtazapin 30mg/ die und Lorazepam 0,5mg/die umgestellt. Die zuvor genannten Symptome besserten sich sukzessive. Zu jeder Zeit war die Defäkation ohne Interventionen möglich. Zusätzlich besserte sich unter Mirtazapin die depressive Symptomatik deutlich. Die Patientin konnte vierzehn Tage später in deutlich gebessertem Zustand entlassen werden.
Besonders aufgrund der stark anticholinergen Eigenschaften von Amitriptylin und dem erhöhten Plasmaspiegel kann das Vorkommen der Subileus-Symptomatik primär mit Amitriptylin in Zusammenhang gebracht werden. Additiv können auch die restlichen Medikamente (Quetiapin, Prothipendyl und Propranolol) als zusätzliche Auslöser für das Auftreten des Subileus angesehen werden. Der erhöhte Plasmaspiegel von Amitriptylin kann auch als Ergebnis einer möglichen CYP2D6-Hemmung durch Propranolol, welche zu einer erhöhten Konzentration von Amitriptylin führen kann, erklärt werden. Zusätzlich muss an die Möglichkeit gedacht werden, dass es sich bei der Patientin um einen „Poor metabolizer“ für CYP2D6 handeln könnte. Ein Cytochrom-Phänotyp eines „Poor metabolizer“ für 2D6 kann auch bei niedrigen Dosierungen von Amitriptylin bereits zu einer Erhöhung des Plasmaspiegels von Amitriptylin führen.

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Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin CliniCum neuropsy