12. Juni 2015

Dr. Pichlbauer: Zwangsarbeitsphantasien für Turnusärzte

Die Gier nach günstigen und gefügigen ärztlichen Mitarbeitern, also Turnusärzten, treibt immer absurdere Blüten. Dass Landespolitiker nach mehr Medizinischen Universitäten und Studienplätzen schreien, obwohl wir die meisten (verglichen mit dem OECD-Durchschnitt doppelt so viele) Absolventen hervorbringen, nehmen jene, die sich mit dem „Ärztemangel“ auseinandersetzen, bereits kopfschüttelnd zur Kenntnis. Dass das Burgenland im Wahlkampf den Bund aufforderte, EU-Gesetze zu missachten und Studienplätze nur Österreichern zur Verfügung zu stellen, gruselt ein bisschen. Was aber in Tirol abläuft, schlägt dem Fass dann doch den Boden aus. Dort wird allen Ernstes seitens der Imster FP-Bezirkschefin Nadja Benda und dem VP-Gesundheitssprecher und Imster Bürgermeister Stefan Weirather angedacht, deutsche Medizinstudenten zu zwingen, nach ihrer Ausbildung fünf Jahre in Österreich zu arbeiten.

Die fehlende Approbation der Jungmediziner nach dem Studium ist ohnehin schon einzigartig in Europa und führt schnurstracks in prekäre (als unsichere und von Willkür des Arbeitgebers geprägte) Arbeitsverhältnisse. Das allein ist schon Druckmittel genug, Jungärzte gefügig zu halten, um die Ausbildungszeit dem Bedarf nach billigen und (kaum frei)willigen Systemerhaltern anzupassen. (Welcher Allgemeinmediziner wird heute noch in drei Jahren fertig?) Hier noch Zwangsarbeit ans Studium zu hängen, ist schon echte Chuzpe, zeigt aber schön das lineare und wettbewerbsvermeidende Denken unserer Politiker.

Um den Inhalt zu sehen, müssen Sie sich einloggen oder registrieren.
Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune