7. Dez. 2016

„Wir gestalten den Beruf aktiv mit“

ANGESTELLTE APOTHEKER – Der VAAÖ will in härter werdenden Zeiten seine Mitglieder bestmöglich vertreten. Allen voran zeigt sich der neue VAAÖ-Präsident Mag. pharm. Raimund Podroschko kämpferisch. (Pharmaceutical Tribune 21/2016) 

 

Herr Mag. Podroschko, Sie sind soeben zum Präsidenten des VAAÖ gewählt worden, mit welchem Programm treten Sie in die Funktionsperiode ein?

 

FOTO: VAAÖ

Unsere vielen Gespräche mit angestellten Kollegen zeigen uns, dass die Zeiten härter werden und eine starke Angestelltenvertretung – auch in juristischen Fällen – immer öfter gebraucht wird. Und genau darum geht es: Wir sind angetreten, um unsere Mitglieder bestmöglich zu unterstützen und zu vertreten. Das reicht von der individuellen Beratung, Betreuung und Vertretung in arbeitsrechtlichen Fragen über ein breites Serviceund Veranstaltungsangebot bis zu Fortbildungsveranstaltungen und Weiterbildungsmöglichkeiten. Um dies alles realisieren zu können, müssen wir aktiv an der Gestaltung des Apothekerberufes auf politischer und standespolitischer Ebene mitwirken.

Der VAAÖ verfügt jetzt über ein schlagkräftiges Team mit engagierten Standesvertretern – wir stehen allesamt selbst an der Tara – und kompetenten Fachleuten. Was ebenso wichtig ist: Wir kennen einander mittlerweile schon lange, verstehen uns sehr gut und können deshalb als Team optimal zusammenarbeiten. Derzeit geht es auch darum, für die kommende Apothekerkammerwahl die Landesgruppen aufzustellen. Wenn also Kollegen unseren Beruf mitgestalten und bei uns mitarbeiten möchten, so sind sie bei uns herzlich willkommen!

 

In den letzten fünf Jahren waren Sie sowohl Vizepräsident des VAAÖ als auch der Österreichischen Apothekerkammer. Was haben Sie erreichen können?

 

Für die angestellten Apotheker trotz der derzeit sicherlich nicht einfachen wirtschaftlichen Zeiten doch vieles. Beim Kollektivvertrag eine Steigerung des Durchschnittsgehalts um 12 %, die Erhöhung der Einsatzpauschale oder die Inanspruchnahmegebühr für den Dienst am Samstagnachmittag sowie am 24. und 31.12. Wir konnten eine Regelung der Mitarbeiterrabatte durchsetzen sowie Lagezuschläge und 1/160 statt 1/172 als Überstundenteiler und für unsere Krankenhausapotheker Funktionszulagen und die Fachapothekerzulage. In etlichen Bereichen ging es aber auch darum, etwas zu verhindern, wie z.B. in Bezug auf die verpflichtende Fortbildung.

So fordert der Apothekerverband, dass man eine bestimmte Punkteanzahl erreichen muss; eine Konsequenz bei Nicht-Erreichen dieser Punktezahl soll es aber nicht geben. Das lehnen wir ab, denn wie sieht es dann in der Praxis aus? Am Arbeitsmarkt würden die Arbeitssuchenden nach ihren erreichten Punkten eingeschätzt werden; wenn diese nicht ausreichen, bekommen sie die Stelle nicht. Für die Selbstständigen hingegen hätte ein Nicht-Erreichen der vorgeschriebenen Punkteanzahl keine Konsequenzen. Das darf nicht sein. Darüber hinaus muss, bei verpflichtender Fortbildung, die dafür aufgewendete Zeit auch als Arbeitszeit mit der entsprechenden Bezahlung gelten.

 

Was haben Sie im VAAÖ erreicht?

 

Seit 2008 ist es uns gelungen, aus dem verstaubten und ungeliebten Reichsverband eine moderne, mitgliederorientierte gewerkschaftliche Interessenvertretung zu machen, die nicht nur ihre Position als stärkste Fraktion in der Österreichischen Apothekerkammer und der Pharmazeutischen Gehaltskasse auf Angestelltenseite zurückerobert hat. Der VAAÖ gestaltet auch inhaltlich aktiv die wichtigsten Themen in der Pharmazie mit und gibt sie teilweise – z.B. was das neue Berufsbild angeht – auch vor. Darauf, denke ich, können wir schon ein bisschen stolz sein. So haben wir federführend die Reform des Aspirantenkurses mitgestaltet – inkl. Aspirantenlehrbuch. In Sachen Fälschungsrichtlinie ist es uns gelungen, die Rahmenbedingungen für ein in der täglichen Praxis gut anwendbares Modell zu schaffen, das den Anforderungen in Bezug auf Sicherheit und möglichst geringen Aufwand entspricht.

Beim Fernabsatz konnten wir die Beratungsverpflichtung hinein reklamieren. Damit wird einerseits eine Abwanderung in den Drogeriemarkt abgewendet und andererseits festgeschrieben, dass der Beratung durch den Apotheker ein besonderer Stellenwert zukommt. Besonders wichtig ist uns die Fortund Weiterbildung. Deshalb haben wir gemeinsam mit der ARGE Krankenhausapotheker die AFA GmbH als unser Fortbildungstool ins Leben gerufen. Ebenso wichtig ist mir unser Projekt „Apotheker 2030“, mit dem die Weiterbildung in Richtung klinische Pharmazie auf einer breiten universitären Basis angeboten werden wird.

 

Warum sollte ein angestellter Apotheker den VAAÖ wählen und nicht das FORUM!pharmazie?

 

Immer mehr angestellte Apotheker haben Angst um ihre Beschäftigung bzw. um die Qualität ihres Arbeitsplatzes. Unsere wichtigste Aufgabe ist daher, auf allen Ebenen um jeden einzelnen Arbeitsplatz zu kämpfen und darüber hinaus sicherzustellen, dass Arbeitsbedingungen und Arbeitsumfeld uns ermöglichen, unsere Aufgaben bestmöglich zu erfüllen. Dafür braucht es einerseits die Kollektivvertragsfähigkeit, die nur wir haben, und andererseits das nötige „Gewicht“, Forderungen der angestellten Apotheker mit dem nötigen Nachdruck durchsetzen zu können.

Über 3400 Mitglieder geben uns mit ihrem Vertrauen dieses Gewicht. Wir sind zudem bestens vernetzt, wie z.B. mit dem Sozialministerium, der Gewerkschaft, der Kollegenschaft in den Nachbarländern und vielen anderen Institutionen, auf deren Expertise und Unterstützung wir zählen können. Ganz wichtig ist uns „hausintern“ zudem die Pharmazeutische Gehaltskasse, die mit ihrem Umlagensystem Altersarbeitslosigkeit und Frauendiskriminierung einen Riegel vorschiebt. Wir vom VAAÖ sind der Garant, dass unsere Gehaltskasse erhalten bleibt.

Weiters achten wir darauf, dass es zu keiner Ausbildungs- und Kompetenzerweiterung der PKAs in Richtung pharmazeutische Beratung kommt. Werden vermehrt PKAs eingesetzt, wie es derzeit der Trend ist, so schaffen sich die Apotheken mittelfristig selbst ab. Wir sehen es außerdem als unsere Aufgabe an, zu verhindern, dass die neue Arbeitszeitrichtlinie als Ausrede verwendet wird, Nachtdienste zu reduzieren und damit an der falschen Stelle einzusparen.

 

Ist nach der Einführung des Bachelor- Studiums Pharmazie zu befürchten, dass in Zukunft Bachelor-Absolventen die Pharmazeuten in der Apotheke ersetzen?

 

Es ist uns zwar leider nicht gelungen, an der Uni den Bachelor der Pharmazie zu verhindern, aber sehr wohl in der Apotheke. Denn berufsrechtlich wurde sichergestellt, dass auch weiterhin nur akademisch voll ausgebildete Magister Dienst tun dürfen und diese nicht durch billigere „Schmalspurapotheker“ verdrängt werden können. Und wir werden alles daransetzen, dass das so bleibt. Ein Bachelor in der Apotheke würde weitere Arbeitsplätze von „Vollapothekern“ kosten, wir würden uns bei den Preisverhandlungen mit dem Hauptverband relativ schwertun und es wäre der erste Schritt hin zu einer AM-Abgabe außerhalb der Apotheke.

 

Teile des neu gewählten Vorstandes des Apothekerverbandes haben sich dafür ausgesprochen, anstatt des Medikationsmanagements einen OTC-basierten Arzneimittelsicherheitsgurt zu entwickeln. Sehen Sie für das Projekt Medikationsmanagement eine Zukunft in der Apotheke?

 

In einem fundierten Medikationsmanagement und in weiterer Folge der Klinischen Pharmazie liegt meiner Meinung nach eines der wichtigsten Zukunftsfelder der Apotheker. Hier kann er seine Kompetenz als Arzneimittelfachmann voll einbringen, für eine optimierte Arzneimitteltherapie im Sinne des Patienten als auch zur finanziellen Absicherung des Gesundheitssystems. Medikationsmanagement light, wie es derzeit angeboten wird, ist ein erster Schritt und ein Gemeinschaftsprojekt, das vom gesamten Apothekerhaus entwickelt und getragen wird. Und es ist Teil unseres Projektes „Apotheker 2030“, wo es noch ausgebaut und auf eine universitäre Basis gestellt werden soll, als weitere Möglichkeit für Apotheker, sich zu spezialisieren.

Zudem würde sich eine Zusammenarbeit mit den derzeit entstehenden Primary Health Care-Zentren anbieten. Dahin könnte je nach Bedarf zu bestimmten Zeiten von einer Apotheke ein Apotheker entsandt werden, der dann vor Ort die entsprechende Arzneimittel-Beratung anbietet. Angestellt wäre er in der Apotheke und besoldet über die Gehaltskasse, u.a. um ein Lohndumping zu vermeiden. Auf die gleiche Art und Weise können Apotheker Patienten auch in Altersund Pflegeheimen oder direkt in den Krankenkassen-Ambulatorien beraten und betreuen.

Autor: Tanja Beck