16. Mai 2018

Sattes Plus bei Wiener Honorarabschluss

Foto: MarioGuti Gettyimages

Die langen Honorarverhandlungen zwischen Ärztekammer, WGKK und Stadt Wien haben sich ausgezahlt: 44.000 Euro Startkapital bei Niederlassung etwa in Favoriten, 30 Prozent mehr Honorar bis 2020. (Medical Tribune 20/18)

Kein Wunder, dass Niedergelassenen-Kurienobmann Dr. Johannes Steinhart von einem „vollen Erfolg“ spricht. Mehr noch: „Das ausverhandelte Ergebnis macht den niedergelassenen Bereich endlich wieder attraktiver“, die Kollegen hätten zudem eine zumindest dreijährige Planungssicherheit. Sowohl WGKK als auch der Wiener Gesundheitsfonds (WGF, bei der MA 24 angesiedelt) greifen ordentlich in ihre Geldtöpfe, um die Primärversorgung in der Hauptstadt aufzufetten. Kammer, Kasse und Fonds setzen vor allem starke Akzente in „Mangelfächern“. Allgemeinmediziner und Kinderärzte erhalten von 2018 bis 2020 jährlich jeweils zehn Prozent an Honorarerhöhung. Allerdings nicht nach dem Gießkannenprinzip, sondern nach bestimmten Kriterien.

Einige der Details:

  • Ordinationen und Gruppenpraxen ab mindestens 6.000 WGKK-Fällen pro Jahr, die sich verpflichten, mindestens 25 Stunden pro Woche offenzuhalten, bekommen Bonusbeträge, gestaffelt nach Praxisgröße.
  • Gründungen, Übernahmen, Erweiterungen von allgemein- und kinderärztlichen Kassenordinationen fördert der WGF mit 1,1 Millionen Euro: max. 44.000 Euro pro Allgemeinarzt, der sich in Wien-Favoriten niederlässt, und pro zusätzlichem Kinderarzt in ganz Wien. Angepeilt sind vorerst zehn Allgemeinmediziner mehr in Favoriten und 16 Kinderärzte mehr in Wien.
  • Für Koordinierungstätigkeiten (Leistungen rund um Pflege, OPFreigaben inklusive Befundung und deren Interpretation) wird der WGF max. 1,1 Millionen Euro zur Verfügung stellen.

Die drei Parteien legen sich in der Anfang Mai präsentierten Punktation fest, ein „KAV-Spitalsentlastungsbzw. Auslagerungspaket“ umzusetzen. Prioritär dabei: die Ambulanzbereiche Dermatologie, Urologie, Kinderheilkunde und Physikalische Medizin. Auch das Diabetes-Programm „Therapie Aktiv“ wird vom WGF mit max. 1,18 Millionen Euro unterstützt. Zudem will man nach einem „noch zu erstellenden Konzept“ eine noch zu definierende Anzahl an niedergelassenen Zentren zur Diabetesversorgung für Patienten mit komplexem Krankheitsgeschehen aufbauen.

Gyn-Ultraschall mit E-Card

Die Patienten kommen nach den sechsmonatigen Verhandlungen ebenfalls auf ihre Rechnung. Ab Juli 2019 gibt es mit der E-Card den gynäkologischen Ultraschall, ab Oktober 2020 ist eine spezielle Augenuntersuchung (OCT zur Bestimmung etwaiger Netzhautschäden) bei niedergelassenen Ärzten kostenlos. Weniger Verrechnung einzelner Posten, mehr Pauschalen – so sieht der Trend in Wien aus. Junge Ärzte wolle man zu einem Kassenvertrag motivieren, indem Jobsharing-Modelle erleichtert werden. „Wir leiten damit eine Trendwende ein, bei denen es zuletzt immer schwieriger geworden ist, die Stellen zu besetzen“, beschreibt WGKK-Obfrau Ingrid Reischl die Lage. Gemeinsames Ziel sei es, die Gesundheitsversorgung nicht nur zu sichern, sondern eindeutig zu verbessern. Nachsatz: „Wir wollen die Spitäler entlasten und die Privatmedizin zurückdrängen.“ Die Stadt investiere 2019 rund 15 Millionen Euro in den niedergelassenen Bereich, um die Spitalsambulanzen zu entlasten, sagt SP-Gesundheitsstadträtin Sandra Frauenberger, die am 24. Mai 2018 – dem Antrittstag von Michael Ludwig als Bürgermeister – ihr Amt übergibt.

Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune