Geriatrie – quo vadis?

Univ.-Prof. Dr. Roller-Wirnsberger Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Geriatrie und Gerontologie
Univ.-Prof. Dr. Roller-Wirnsberger
Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Geriatrie und Gerontologie

Es scheint müßig, Sie, geschätzte Leserinnen und Leser, zum wiederholten Mal mit dem Umstand der sich verändernden demografischen Verhältnisse zu konfrontieren. Sie selbst wissen aus ihrer Alltagstätigkeit, dass der Anteil unserer älteren Patientinnen und Patienten und die damit verbundene Komplexität der medizinischen Herausforderungen kontinuierlich zunehmen. Ausgebildet im Sinne einer diagnosezentrierten Medizin stehen wir heute oftmals im medizinischen Alltag vor dem Dilemma von geriatrischen Syndromen wie Sturzsyndromen, Funktionseinbußen und vielen anderen wie auch besonderen psychosozialen Bedürfnissen unserer Klienten. Wir haben durch unsere klinische Erfahrung und unsere kontinuierliche Weiterbildung vielfach gelernt, im Alltag mit diesen individuellen Bedürfnissen umzugehen und diese im Sinne einer patientenorientierten Versorgung zu managen. Wir haben auch gelernt, im multidisziplinären Kontext Ziele festzulegen und deren Erreichung zu evaluieren.

Aber ich frage Sie: Was hat das System, sei es das Gesundheits-, Sozial- oder Bildungssystem, dazugelernt? „Nicht reformierbar“ ist die Erklärung für Rücktritte von Führungspersönlichkeiten im Gesundheitswesen. Macht nichts, man macht weiter wie gehabt. Statt Entwicklungen und Reformen im Primär-, Akut- und chronischen Versorgungsbereich endlich anzugehen und sich auch politisch und strategisch zum Status quo der zunehmend älter werdenden Bevölkerung mit Multimorbidität und komplexen medizinischen Betreuungsbedürfnissen zu bekennen, agiert man – getrieben vom ökonomischen Druck – unbeirrt in starren Prozessen und Strukturen im Gesundheitssystem. In der Tat sind die strukturellen Vorgaben im österreichischen Gesundheitssystem für viele unserer Patientinnen und Patienten nicht nur medizinisch inadäquat, sondern auch persönlich frustrierend.

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Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune