14. Juni 2017

JAK-Inhibitoren: Alternative zu den Biologika?

Mit der Substanzgruppe der Januskinase-Inhibitoren steht seit relativ kurzer Zeit eine neue Option in der Therapie der rheumatoiden Arthritis zur Verfügung. In der aktuellen Leitlinie der EULAR werden JAK-Inhibitoren als targeted synthetic (ts) DMARDs bezeichnet und in ihrer Wertigkeit mit den Biologika gleichgestellt. Vor Beginn des EULAR-Kongresses in Madrid sprachen wir mit Prim. Univ.-Prof. Dr. Ludwig Erlacher, Leiter der Zweiten Medizinischen Abteilung mit Rheumatologie und Osteologie sowie Akutgeriatrie am Sozialmedizinischen Zentrum Süd – Kaiser-Franz-Josef-Spital – in Wien, über den Stellenwert dieser Substanzen im klinischen Alltag.

Univ.-Prof. Dr. Ludwig Erlacher Kaiser-Franz- Josef-Spital, Wien
Univ.-Prof. Dr. Ludwig Erlacher
Kaiser-Franz- Josef-Spital, Wien

Herr Professor Erlacher, wir haben mit den JAK-Inhibitoren eine neue Medikamentengruppe in der Therapie der RA zur Verfügung. Ein Schritt nach vorne?

Prof. Erlacher: In letzter Zeit hat man viel über neue orale Therapien der RA gehört – eben die small molecules oder JAK-STAT-Inhibitoren. Ist das eine Erweiterung des therapeutischen Spektrums? Ja. Benötigen wir diese Erweiterung? Ja, denn nicht alle Patienten erreichen mit den Biologika Remission oder niedrige Krankheitsaktivität. Hinsichtlich der Wirksamkeit gibt es Vergleichsstudien zu Adalimumab, die zeigen, dass die neuen small molecules mindestens so wirksam sind wie die Biologika. Das betrifft allerdings auch die Verträglichkeit. JAK-STAT-Inhibitoren greifen in das Immunsystem ein und führen zu einem erhöhten Infektionsrisiko und auch allen anderen potentiellen Nebenwirkungen der Biologika.

Wo liegen dann die Vorteile dieser Substanzen?

Prof. Erlacher: Ein Vorteil betrifft die orale Einnahme. Es handelt sich um Tabletten, die ein bis zweimal pro Tag geschluckt werden müssen. Damit hören für den Patienten die Spritzen oder Infusionen auf. Weiters fällt die Notwendigkeit des Kühlens weg. Das ist zum Beispiel für Menschen, die viel reisen, ein Vorteil. Eine Schachtel Tabletten ist leicht zu transportieren.

Und gibt es auch Nachteile?

Prof. Erlacher: Man muss betonen, dass uns die Langzeiterfahrungen fehlen. Wir haben keine Patientenregister und wissen daher nicht, wie sich die Dinge über die Jahre entwickeln werden. Das spricht für die Biologika, mit denen wir mehr als 15 Jahre Erfahrung haben. Es gibt Register in der ganzen Welt – auch in Österreich. Da können wir den Patienten schon versichern, dass die Therapie – abgesehen vom erhöhten Infektionsrisiko – langfristig sehr sicher ist. Wir brauchen also innovative Therapien für die Patienten, die auf Biologika schlecht ansprechen – und die orale Einnahme ist zweifellos ein Vorteil der JAK-STAT-Inhibitoren – aber die Ära der Biologika ist definitiv nicht vorbei.

Haben Sie schon praktische Erfahrungen mit diesen Substanzen?

Prof. Erlacher: Ja, allerdings nur mit einer sehr begrenzten und nicht aussagekräftigen Zahl von Patienten. Dabei haben wir sowohl sehr gutes als auch fehlendes Ansprechen gesehen.

In welchen Situationen würden Sie heute einen JAK-STAT-Inhibitor einsetzen?

Prof. Erlacher: Bei Patienten, die nicht oder schlecht auf Biologika ansprechen. Der Stellenwert der small molecules kann sich allerdings in den nächsten Jahren verändern – und ich vermute, dass er das tun wird. Wenn wir mehr Erfahrung mit diesen oralen Therapien haben, wird man sie in einigen Jahren vielleicht in verschiedenen Situationen anstelle der Biologika einsetzen.

Es gibt ja Hinweise, dass orale Therapien im Hinblick auf die Adhärenz ungünstiger sein können als parenterale Therapien…

Prof. Erlacher: Das trifft sicher auf die Infusionen zu. Viele Biologika geben wir den Patienten heute aber einfach in Form eines Pens zur subkutanen Injektion mit. Da haben wir auch keine Kontrolle, ob das Medikament tatsächlich appliziert wird. In jedem Fall kann man nur empfehlen, dass der Patient mit dem Rheumatologen engen Kontakt hält und alle drei Monate kontrolliert wird. Denn einerseits können Nebenwirkungen auftreten, andererseits kann es aber auch empfehlenswert sein, die Therapie anzupassen. Wenn der Patient sehr gut anspricht, kann das auch eine Deeskalation, zum Beispiel durch Dosisreduktion sein. Die small molecules sind in verschiedenen Dosierungen verfügbar. Bei Patienten in lang anhaltender Remission, die keine CCP-Antikörper haben, kann auch ein Absetzen erwogen werden.