N-Acetylcystein rettet Myokard
Die Zugabe von intravenösem (i.v.) N-Acetylcystein (NAC) zu i.v. Nitroglycerin senkt signifikant die Infarktgröße um rund ein Drittel bei Patienten, die sich einer perkutanen Koronarintervention (PCI) nach einem ST-Hebungs-Myokardinfarkt (STEMI) unterziehen, so das Ergebnis der NACIAM-Studie, die im Rahmen des ESC-Kongresses in Rom präsentiert wurde.1
„Rechtzeitige und effektive Reperfusion des Myokards durch PCI ist die Behandlung der Wahl für die Begrenzung der Größe des Myokardinfarkts und die Verbesserung des klinischen Ergebnisses bei Patienten mit STEMI. Trotzdem könnten zusätzliche medikamentöse Interventionen dabei helfen, die Infarktgröße weiter zu reduzieren“, bemerkt Dr. Sivabaskari Pasupathy von der Universität in Adeleide, Australien.
Die NACIAM (N-AcetylCystein In Acute Myocardial infarction)-Studie war eine placebokontrollierte, doppelblinde Untersuchung mit 112 STEMI-Patienten im Alter von durchschnittlich 64 Jahren aus drei australischen Krankenhäusern. Alle Patienten unterzogen sich einer Notfall-PCI und erhielten zudem niedrigdosiertes i.v. Nitroglycerin. Sie wurden anschließend randomisiert entweder in eine Gruppe mit hochdosiertem NAC (15g/Tag) oder in eine Gruppe mit identischer Menge Placebo. Beide Substanzen wurden i.v. über 48 Stunden verabreicht. „Die Hypothese dahinter war, dass NAC die Infarktgröße reduzieren könnte, entweder durch Potenzierung der Effekte von Nitroglycerin oder via ‚Neutralisation’ der reaktiven Sauerstoffemetabolite“, so Pasupathy.
Kardiales Magnet-Resonanz-Imaging (MRI) wurde innerhalb einer Woche (früh) sowie drei Monate nach dem Myokardinfarkt (spät) durchgeführt, wobei sich zeigte, dass sich bei Patienten mit NAC die Infarktgröße um 33 Prozent sowie 50 Prozent im Vergleich zu Placebo (p=0,002 für beide) geringer war. Ein ähnlicher, aber nicht signifikanter Trend zeigte sich auch bei der Reduktion der Kreatininkinase.
Zusätzlich wurde die myokardiale Salvage gemessen, die bei Patienten mit NAC nahezu verdoppelt war (60 vs. 27 Prozent, p<0,001). Und es zeigte sich zudem, dass eine beschleunigte Gewebe-Reperfusion und eine „Neutralisierung“ Hypochlorsäure bei diesen Patienten stattgefunden hat.
Nach zwei Jahren Follow-up war die kardiologische Rehospitalisierung und Mortalität seltener bei Patienten mit NAC (3 vs. 16 Patienten, p<0,01).
Die Sicherheitsendpunkte Hypotonie, Blutungen und kontrastmittelinduziertes Nierenversagen waren in beiden Gruppen ähnlich.
Fazit
„Intravenöse NAC-Gabe war mit einer rascheren Abnehme von Brustschmerzen, verbesserter myokardialer Salvage, einem günstigen Spitalssicherheitsprofil, nachhaltiger Reduktion der Infarktgröße nach drei Monaten post-STEMI und vielversprechendem Outcome nach zwei Jahren assoziiert“, resümiert Pasupathy.
„Während die Ergebnisse dieser Studie ermutigen, würden wir es bevorzugen, die NACIAM-Studie als Vorläufer für eine Follow-up-Studie, die für klinische Endpunkte ausgelegt ist, zu betrachten.“
1. NACIAM: N-acetylcysteine Offers a Post-MI Boost”, Hotline-Session “Preventive Strategies 1” im Rahmen des ESC-Kongresses in Rom, 28.8.2016