ESC und EMA erarbeiten Leitfaden für Studien
Die European Medicines Agency (EMA) überarbeitet gegenwärtig ihre Empfehlungen für Studien zum akuten Koronarsyndrom. Dazu wurden die Pläne der Agentur in einem Meeting mit Experten aus Akademie und Industrie abgestimmt. Das Forum dazu bot der von der ESC geschaffene Cardiovascular Round Table (CRT).
Auch Vertreter der US Food and Drug Administration (FDA) nahmen an der Runde teil. Die Ergebnisse des Gesprächs wurden im European Heart Journal, dem Periodikum der Europäischen Kardiologengesellschaft ESC veröffentlicht (1).
Patienten aller Risikogruppen einschließen
Zunächst einigte sich die Gruppe auf Einschlusskriterien für künftige Studien. Für diese soll in Zukunft ein Myokardinfarkt (MI) auf Basis des Troponin-Wertes diagnostiziert werden. Um Konsistenz und Vergleichbarkeit zwischen unterschiedlichen Studien zu gewährleisten, soll immer die aktuellste Definition des Myokardinfarktes aus der gerade gültigen Leitlinie gewählt werden.
Medikamentenstudien in der Indikation akutes Koronarsyndrom (ACS) sollten immer Patienten mit ST-Streckenhebungs-Infarkt (STEMI) sowie Patienten mit Non-STEMI einschließen. In besonderen Situationen sollen diese Populationen jedoch getrennt untersucht werden. Dies gilt zum Beispiel dann, wenn Medikamente getestet werden, die während einer Katheterintervention (PCI) zum Einsatz kommen. Für diese Studien sollten nur STEMI-Patienten herangezogen werden.
Zu diesen Vorgaben passend sollen in Studien Patienten aller Risikogruppen eingeschlossen werden. Es wird nicht empfohlen, Studien mit Fokus auf Hoch- oder Niedrigrisiko-Patienten zu planen. Um eine sinnvolle Auswertung zu ermöglichen, sollen folglich für jeden Patienten alle Informationen erhoben werden, die für eine Stratifizierung nach Risiko Score des Global Registry of Acute Coronary Events (GRACE) möglich machen. Auf dieser Basis können zu einem späteren Zeitpunkt Subgruppen-Analysen durchgeführt werden.
Intensiv diskutiert wurde die Frage des primären Endpunkts. Hier wird man aller Voraussicht nach vom derzeit gebräuchlichen Komposit aus kardiovaskulärem Tod, Myokardinfarkt und Schlaganfall abgehen, da eine Mehrheit der Teilnehmer des Round Table einen kombinierten Endpunkt ohne Schlaganfall in Studien zum akuten Koronarsyndrom für sinnvoller erachten. Der Schlaganfall soll lediglich dann einbezogen werden, wenn Grund zur Annahme besteht, dass das eingesetzte Medikament das Schlaganfallrisiko beeinflusst. Dies trifft beispielsweise auf Antikoagulantien zu. Auch Sicherheitsgründen muss die Gesamtmortalität als sekundärer Endpunkt beobachtet werden. „Jedes Anzeichen einer Divergenz von kardiovaskulärer Mortalität und Gesamtmortalität muss als wichtiges Sicherheitssignal gewertet werden“, kommentierte der Erstautor des Papiers, Prof. Dr. Héctor Bueno.
Ein heikles Thema im Zusammenhang mit internationalen Studien ist die Frage der Hintergrundtherapie. Diese sollte dem aktuellen Stand der Leitlinien entsprechen. Dabei gibt es allerdings zwischen den verschiedenen europäischen Ländern Unterschiede in der Verfügbarkeit von Behandlungen und Medikamenten. Daher wird empfohlen, zumindest den „standard of care“ auf regionaler Ebene einzuhalten. Je nach Indikation sollten die untersuchten Medikamente gegen Placebo oder gegen eine aktive Vergleichssubstanz getestet werden.
Bei Dauertherapie mindestens ein Jahr Follow Up
Die Experten waren sich nicht zuletzt auch einig, dass innovative Therapien besondere Anforderungen an die Gestaltung von Studien stellen. Dies betrifft insbesondere Gen-Therapie, Antikörper, Zelltherapien und RNA-basierte Therapien. Bei diesen Methoden ist mit kleineren Studienpopulationen zu rechnen und eine Anpassung der Endpunkte kann erforderlich sein.
Nicht zuletzt legt die EMA Wert auf Diversität. Prof. Bueno: „Für die Zulassung will die EMA Studiendesigns, die Patienten mit unterschiedlichen klinischen Profilen in unterschiedlichen Regionen und Settings innerhalb der EU. Gefordert werden robuste, sauber geführte klinische Studien mit einer klaren Risiko-Nutzen-Analyse und Ergebnissen, die auf die Bedürfnisse einer breiten Patientenpopulation im klinischen Alltag extrapoliert werden können.“
Hinsichtlich der Laufzeit von Studien wird für Akutmaßnahmen eine Beobachtungszeit von mindestens 30 Tagen empfohlen. Für Medikamente, die auch nach der Entlassung aus dem Krankenhaus eingenommen werden, soll das Follow Up hingegen mindestens ein Jahr betragen. Dies ist insofern bedeutsam als Institutionen wie das britische NICE oder das deutsche IQWIG immer wieder die kurzen Beobachtungszeiträume von Pharma-Studien bemängelten.
1) Bueno H et al. Report of the European Society of Cardiology Cardiovascular Round Table regulatory workshop update of the evaluation of new agents for the treatment of acute coronary syndrome: Executive summary. European Heart Journal: Acute Cardiovascular Care June 29, 2016, Published online before print June 29, 2016, doi: 10.1177/2048872616649859
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