Schizophrenie-Guidelines: Wegweiser für die Entscheidungsfindung
Die wesentliche Neuerung der WFSBP-Leitlinien ist die Aufhebung der generellen Priorisierung der atypischen Antipsychotika. Stattdessen sollte in Zukunft eine Hierarchisierung verschiedener Präparate unter Berücksichtigung verschiedener Wirkungs- und Nebenwirkungsdomänen sowie unter individuellen Zielparametern für den jeweiligen Patienten erfolgen. Insgesamt geben die neuen WFSBP-Leitlinien ein umfassendes Update und können im Sinne einer Hilfestellung in der klinischen Entscheidungsfindung verstanden werden.
Die Behandlung der Schizophrenien und anderer psychotischer Störungen zu allen Phasen der Erkrankung ist weiterhin eine der größten Herausforderungen für den klinisch tätigen Psychiater. Zur Unterstützung der klinischen Entscheidungsfindung sind systematisch entwickelte Empfehlungen basierend auf dem aktuellen Stand des medizinischen Wissens für eine optimale Diagnostik und Versorgung der betroffenen Personen unerlässlich.
Es gibt verschiedene nationale Leitlinien für die Behandlung der Schizophrenie, die sich jeweils an den besonderen Gegebenheiten der adressierten Versorgungsstrukturen orientieren. Daneben wurde vor mehr als zehn Jahren eine Task Force der World Federation of Societies of Biological Psychiatry für die Entwicklung von internationalen Leitlinien für die biologische Behandlung der Schizophrenien gegründet. Nach der ersten Publikation dieser Leitlinien in den Jahren 2005/2006 wurde eine vollständige Aktualisierung der Behandlungsleitlinien für die Schizophrenie in den Jahren 2012 (Teil 1) und 2013 (Teil 2) vorgelegt. Der letzte Abschnitt der neuen WFSBP-Leitlinien für die Behandlung der Schizophrenien ist für Anfang 2015 geplant. Dieser dritte Abschnitt widmet sich vor allem den Themen Depression und Suizidalität, Antipsychotikatherapie im Rahmen von Schwangerschaften komorbiden Suchterkrankungen.
Wesentliche Kriterien für teils unterschiedliche Evidenzempfehlungen zwischen verschiedenen Leitlinien sind zum einen durch das jeweilige Publikationsdatum, aber auch durch unterschiedliche Strategien in der Evidenzbewertung zu erklären. So kann trotz der Vorlage der gleichen Quelldokumente eine unterschiedliche Bewertung einer Behandlung erfolgen – hierbei ist festzustellen, dass es weit mehr als hundert unterschiedliche Instrumente zur Bewertung klinischer Evidenz gibt.
Methodisch kritisch sind die WFSBP-Leitlinien in Hinblick auf die Zusammensetzung der Task Force und der Expertengruppe, da im Gegensatz zu anderen Leitlinien (z.B. Deutsche S3-Leitlinie, NICE-Guidelines) nahezu nur Psychiater an der Erstellung beteiligt sind. Daneben folgen die WFSBP-Leitlinien einem weniger strengen Algorithmus der Literaturrecherche als die genannte deutsche S3-Leitlinie oder die NICE-Guidelines.