GINA – Mit den SABA geht es bergab
Das Einsatzgebiet der kurzwirksamen Beta-Mimetika (SABA) in der Asthma-Therapie wird immer schmäler. Im aktuellen Update ihrer Leitlinie empfiehlt die Global Initiative for Asthma (GINA) auch auf Stufe 1 keine SABA-Monotherapie mehr. Stattdessen soll eine MART-Therapie zum Einsatz kommen. (Clinicum Pneumo 1/2020)
Die kurzwirksamen Beta-Mimetika (SABA) werden zunehmend als Risikofaktor für Asthma-Patienten erkannt und sind bei häufigem Gebrauch mit erhöhtem Exazerbationsrisiko und sogar erhöhter Mortalität assoziiert. Im Rahmen des ERS 2019 wurden mehrere weitere Studien vorgestellt, die die Gefährlichkeit des Reliever-Übergebrauchs bestätigen. So fand die schwedische HERA-Kohorte einen Anstieg der Gesamtmortalität mit zunehmendem SABA-Gebrauch. SABA-Übergebrauch wurde definiert als Gebrauch von mehr als zwei SABA-Packungen (150 Dosen) in einem Jahr. Die Auswertung zeigte zunächst, dass SABA-Übergebrauch häufig und zum Teil sehr ausgeprägt ist. Alles in allem konsumierten 30 Prozent der Patienten zu viel Reliever – bis zu mehr als elf Kanister pro Jahr.
Das ist ungünstig, denn bereits ein moderater Übergebrauch von drei bis fünf SABA-Kanistern pro Jahr erhöhte das Mortalitätsrisiko signifikant (HR 1,26, 95% CI 1,14–1,39). Patienten mit sehr hohem SABA-Gebrauch verdoppelten ihr Risiko zu versterben (HR 2,35, 95% CI 2,02–2,72).1 Die Daten der HERA-Kohorte weisen nicht zuletzt auf massive Therapiefehler hin, da fast 30 Prozent der Patienten, die häufig SABA einsetzen, keine inhalativen Corticosteroide erhalten und weitere 39 Prozent lediglich niedrig dosierte ICS anwenden.2 Eine weitere Auswertung der HERA-Kohorte zeigte, dass SABA-Anwender ein signifikant um rund 50 Prozent höheres Exazerbationsrisiko aufweisen als Patienten, die ihr Asthma ohne SABA kontrollieren können (OR 1,53, 95% CI 1,49–1,56, P<0,001).3
Langsamer Abschied
Vor dem Hintergrund immer ungünstiger werdender Daten verabschiedet sich die Global Initiative for Asthma (GINA) sukzessive von ihrer Empfehlung für SABA. Bereits in den GINA-Empfehlungen von 2014 wurde eine SABA-Monotherapie nur bei Patienten empfohlen, die den „Reliever“ weniger als zweimal im Monat verwenden und die keine Risikofaktoren für Exazerbationen haben. Befolgt wurde diese Empfehlung von den Patienten ungern, so Prof. Dr. Helen Reddel von der University of Sidney in Australien. Es sei schwierig, den Patienten die Vorteile einer Dauertherapie zu kommunizieren, wenn sie eine Alternative haben, die ihre Beschwerden schnell bessert und ihnen keine wahrnehmbaren Nebenwirkungen verursacht. Die GINA-Leitlinie 2019 trägt dem Rechnung und befreit die Ärzteschaft von diesem Kommunikationproblem: Eine SABA-Monotherapie wird nun für Erwachsene und Jugendliche nicht mehr empfohlen. Für Kinder kann mangels Evidenz keine entsprechende Empfehlung gegeben werden.4
Vielfältige Begründungen
Die Hintergründe dieser Änderung in den Empfehlungen sind vielfältig. So führt SABA-Gebrauch innerhalb weniger Wochen zur Down-Regulation von Beta-Rezeptoren5, was die Bronchodilatation erschwert. Weiters werden die allergische Immunantwort und die eosinophile Entzündung der Atemwege verstärkt6,7. Zudem dürfe „mildes“ Asthma nicht unterschätzt werden, da 15 bis 20 Prozent der Patienten, die an Asthma sterben, zuvor lediglich einmal in der Woche oder überhaupt nur unter Belastung symptomatisch waren8.
Was wird empfohlen?
GINA empfiehlt nun auf Stufe 1, also bei mildem Asthma, eine MART-Therapie (Maintenance and Reliever), vorzugsweise mit der Kombination Budesonid und Formoterol als Bedarfsmedikation. Bei Patienten mit leichtem Asthma führte diese im Vergleich zum Einsatz von SABA als Bedarfsmedikation zu einer Reduktion des Exazerbationsrisikos um 84 Prozent und war im Vergleich zu einer Dauertherapie mit ICS plus SABA als Bedarfsmedikation nicht unterlegen.9 Dabei war die eingesetzte Steroiddosis im Budesonid/Formoterol-Arm niedriger. Daher wird ICS/Formoterol als Bedarfsmedikation nun auf GINA Step 2 als Alternative zur Dauertherapie mit ICS und auf Step 1 statt einer SABA-Monotherapie empfohlen. Dieses Vorgehen werde, so Reddel, den vielfältigen Zielen der Asthma-Therapie besser gerecht, die über die Symptomkontrolle hinaus auch auf die Reduktion des Risikos von Exazerbationen, des Verlustes an Lungenfunktion und auf die Prävention von Todesfällen durch Asthma abzielt.
„New recommendations and priorities for asthma management“, Guideline Session und Oral Presentations im Rahmen des ERS, Madrid, 28.9.–2.10.19
Referenzen:
1 Janson C et al., Abstract 5508, presented at ERS 2019
2 Ekstrom M et al., Abstract 1989, presented at ERS 2019
3 Janson C et al., Abstract 1590, presented at ERS 2019
4 Reddel HK et al. Eur Respir J 2019;53(6). pii: 1901046
5 Hancox RJ et al., Respir Med 2000; 94(8):767–71
6 Aldridge RE et al., Am J Respir Crit Care Med 2000; 161(5):1459–64
7 Stanford RH et al., Ann Allergy Asthma Immunol 2012; 109(6):403–7
8 Dusser D et al. Allergy 2007; 62(6):591–604. Review
9 O‘Byrne PM et al., N Engl J Med 2018; 378(20):1865–1876