Mit Herzblut, Hirn und einem Mentor
Dass sich die junge Generation an Onkologen nicht verstecken muss, beweist in dieser Ausgabe Dr. Anna Sophie Berghoff. Im Gespräch mit der krebs:hilfe! erzählt sie, warum sie manchmal lieber noch eine Studienauswertung fertig macht, als auf ein Bier zu gehen. (krebs:hilfe! 8-9/16)
Berghoff ist „das Paradebeispiel eines Youngstars“, schrieb eine ihrer Kolleginnen an die krebs:hilfe!-Redaktion. Die 28-Jährige kann bereits auf eine lange Publikationsliste und eine beachtliche Anzahl von Preisen, Stipendien und Kongressbeiträgen verweisen. Derzeit erforscht Berghoff am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg, wie Mikrogliazellen und Makrophagen die Hirnmetastasenentstehung beeinflussen. Eigentlich ist in ihrer Facharztausbildung an der Wiener Universitätsklinik für Innere Medizin I nur ein sechsmonatiger Auslandsaufenthalt vorgesehen, aber sie verlängerte auf eineinhalb Jahre, wie sie so einiges „eben 150-prozentig“ macht.
Eine Vorlesung als Initialzündung
Die Fachrichtung Onkologie war für Berghoff „von Anfang an klar“. Den Ausschlag dafür gab eine Vorlesung bei Univ.-Prof. Dr. Gabriela Kornek. „Sie hat von einem Patienten mit Zungenkarzinom erzählt, wo sie nicht mehr viel tun konnte. Aber sie hat ausgestrahlt, mit Herzblut bei ihrem Beruf dabei zu sein, das hat mich fasziniert“, erzählt Berghoff. Dazu kam das Interesse an molekularen Mechanismen und die Frage: „Wie funktioniert Krebs?“ Berghoffs weiterer Weg habe sich während der Diplomarbeit zum metastasierten Mammakarzinom herauskristallisiert. Spannend waren für sie vor allem die Hirnmetastasen und dabei die intensive Interaktion mit Patienten. Es folgte eine PhD-Arbeit zu prognostischen und prädiktiven Faktoren von Hirnmetastasen bei Assoc.-Prof. Priv.-Doz. Dr. Matthias Preusser, den Berghoff als „großartigen Mentor“ bezeichnet. Überhaupt sei es sehr entscheidend und einer der Schlüsselfaktoren, sich als Youngster einen guten Mentor zu suchen.
Viel forschen, um zu heilen
In weiterer Folge entstanden zahlreiche Arbeiten zu primären und sekundären Hirntumoren, die in renommierten Fachjournalen publiziert wurden. Nach ihrer Motivation gefragt, erklärt Berghoff: „Ich hab richtig viel Spaß an meiner Arbeit und mache das alles wirklich gerne. Und da gab es einfach Abende, an denen ich lieber noch eine Auswertung fertig machen wollte, als ein Bier trinken zu gehen.“ Als Zwang habe sie ihre Arbeit jedenfalls nie gesehen, gute Organisation ist eine wichtige Basis für Berghoff. Die Zeit mit ihrem Freund, ebenfalls Mediziner, stecke sie sehr genau ab. „Die richtige Mischung aus Arbeit und Freizeit ist wichtig, man muss nicht immer 200 Prozent geben“, sagt sie. Besonders die Verbindung zwischen Wissenschaft und Klinik habe die Onkologin aber immer getrieben, und gerade aus der Arbeit mit den Patienten ziehe sie Kraft. Und dabei spricht Berghoff nicht (nur) von den Patienten, die geheilt werden. „Ich arbeite bewusst in einem Bereich, wo wir noch viel forschen müssen, um zu heilen.“ Bis es so weit ist, will Berghoff „versuchen, die Zeit, die der Patient noch hat, zu verbessern und ihn darauf vorzubereiten, welchen Weg wir jetzt gehen. Ich glaube, da kann man verdammt viel verändern/erleichtern als Mediziner, wenn man das nämlich gut macht.“
Herausforderungen sind gut
Herausforderungen, so Berghoff, gebe es immer, besonders dann, wenn man einen jungen Patienten in den Tod begleite, aber auch dann, wenn Dinge im Labor einfach so gar nicht funktionieren wollen. Generell seien Herausforderungen gut und etwas, woran man lernt. Am liebsten wären ihr jeden Tag ein paar kleine und ab und zu eine große, denn: „Das Leben ist schrecklich, wenn man die ganze Zeit unterfordert ist.“ Nach dem Gespräch mit der krebs:hilfe! hält Berghoff einen Vortrag zu Hirnmetastasen beim Welthautkrebskongress in Wien, bevor sie wieder nach Heidelberg „zu ihren Mäusen“ zurückkehrt. Dieser „Ausflug in die Grundlagenforschung“ sei wichtig, um die Entstehung eines Medikamentes besser zu verstehen. Danach ziehe es sie aber wieder in die klinische Forschung und zu Patienten. „Thematisch“, so Berghoff, „werde ich mich mein gesamtes Leben mit Immuntherapie und Krebs beschäftigen.“ Da gibt es noch viel zu tun – zum Glück.
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