ESMO 2018: Immuntherapie könnte neue Firstline bei MSI-high mCRC werden
Eine Phase-II-Studie zeigt erstmals einen deutlichen Benefit mit einer Immuntherapie in der Erstlinie bei Patienten mit einem metastasierten Kolorektalkarzinom und hoher Mikrosatelliteninstabilität. Vielversprechend sind auch erste Ergebnisse zur neoadjuvanten Therapie von resektablen Kolonkarzinomen.
Erstlinie bei metastasiertem Kolorektalkarzinom
Eine Erstlinien-Immuntherapie mit Nivolumab und niedrig dosiertem Ipilimumab erreichte eine objektive Ansprechrate von 60 Prozent, darunter sieben Prozent komplettes Ansprechen, bei metastasiertem Kolorektalkarzinom (mCRC) mit hoher Mikrosatelliteninstabilität (MSI-high). Das zeigte die Phase-II-Studie CheckMate-142, die als Late Breaking Abstract beim ESMO vorgestellt wurde. Eine hohe Mikrosatelliteninstabilität tritt bei etwa vier Prozent der metastasierten Kolorektalkarzinome auf.
Eingeschlossen waren 45 Patienten mit einem medianen Alter von 66 Jahren. Die mediane Dauer bis zum Ansprechen belief sich auf 2,6 Monate. Sowohl das mediane progressionsfreie Überleben (PFS) als auch das Gesamtüberleben (OS) wurden nach einem medianen Follow-up von 13,8 Monaten noch nicht erreicht. Das 12-Monate-PFS bzw. –OS lag bei 77 bzw. 83 Prozent.
Die Kombination aus niedrig-dosiertem Ipilimumab mit Nivolumab resultierte in einer geringeren Toxizitätsrate, im Vergleich zu jener in Studien, die eine höhere Ipilimumab-Dosis einsetzten. 16 Prozent der Patienten hatten Grad-3/4-Nebenwirkungen und sieben Prozent brachen die Therapie aufgrund von therapieassoziierten Nebenwirkungen ab.
Studienerstautor Prof. Dr. Heinz-Josef Lenz, Leiter der Onkologie am USC Norris Comprehensive Cancer Center, Los Angeles, USA, sagt: „Die Daten sprechen dafür, dass Nivolumab und Ipilimumab eine Erstlinientherapie für diese Patienten werden könnten.”
ESMO-Kommentator Prof. Dr. Thierry André, Leiter der Onkologie am Universitätskrankenhaus Saint-Antoine, Paris, Frankreich: „Den Patienten geht es mit dieser Therapie bedeutend besser und manche können sogar wieder arbeiten. Das ist ein Unterschied zu anderen Entitäten wie Melanom, Lunge oder Niere, bei denen es schwieriger ist, jene Patienten zu selektionieren, die einen Benefit von einer Immuntherapie haben.“
André ergänzt: „Die Frage, ob die Kombination aus Nivolumab und Ipilimumab gegenüber Nivolumab alleine in diesem Setting überlegen ist, kann derzeit nicht sicher beantwortet werden. Frühere Ergebnisse aus der CheckMate-142-Studie, basierend auf indirekten Vergleichen, legen nahe, dass die Kombination mit niedrig dosiertem Ipilimumab gegenüber Nivolumab alleine bei bereits vorbehandelten Patienten mit hoher Mikrosatelliteninstabilität überlegen ist.“
André gibt zu bedenken, dass die EMA-Zulassung wahrscheinlich eine randomisierte Phase-III-Studie benötigen wird. Eine Phase-III-Studie in diesem Setting, KEYNOTE 177, läuft bereits und prüft eine Erstlinie mit Pembrolizumab vs. Chemotherapie mit oder ohne zielgerichteter Therapie bei metastasiertem Kolorektalkarzinom mit hoher Mikrosatelliteninstabilität. Erste Ergebnisse werden für 2019 erwartet.
Neoadjuvante Therapie bei Kolonkarzinom
Auch im neoadjuvanten Setting gibt es erste beeindruckende Daten zur Kombination aus Nivolumab und Ipilimumab bei Patienten mit einem resektablen Kolonkarzinom im Frühstadium. Sieben Patienten von insgesamt 14 in die Studie eingeschlossenen hatten Mismatch-Repair (MMR)-defiziente Tumore. Von ihnen erreichten 100 Prozent ein gutes pathologisches Ansprechen, definiert als <5% an verbleibenden vitalen Tumorzellen. Vier von diesen sieben (57%) hatten ein pathologisch komplettes Ansprechen. Dagegen erreichten die anderen sieben Patienten, die Tumore mit intaktem MMR hatten, kein gutes pathologisches Ansprechen. Bei dieser Gruppe wurde allerdings ein signifikanter Anstieg der T-Zell-Infiltration gesehen.
Die Immuntherapie wurde gut vertragen und alle Patienten konnten einer radikalen Resektion ihrer Tumore unterzogen werden ohne dass es zu einer Verzögerung kam.
„Das ist die erste Studie mit Checkpoint-Inhibitoren bei Kolonkarzinomen im Frühstadium. Unsere Daten sprechen dafür, dass eine weitere Prüfung von neoadjuvanter Immuntherapie bei MMR-defizienten Tumoren gerechtfertigt ist und dieser Ansatz den Standard of Care ändern könnte, wenn sich die Ergebnisse in größeren Studien bestätigen lassen“, sagt Erstautorin Dr. Myriam Chalabi vom Niederländischen Krebsinstitut, Amsterdam. „Das Ansprechen, das wir gesehen haben ist beeindruckender als im metastasierten Setting, was wir nicht erwartet haben.“
Quelle: ESMO 2018
Lenz H-J et al., Durable clinical benefit with nivolumab (NIVO) plus low-dose ipilimumab (IPI) as first-line therapy in microsatellite instability-high/mismatch repair deficient (MSI-H/dMMR) metastatic colorectal cancer (mCRC); ESMO 2018; LBA18_PR
Chalabi M et al., Neoadjuvant ipilimumab plus nivolumab in early stage colon cancer; ESMO 2018; LBA37_PR