18. Sep. 2015

Produkthaftung bei Herzschrittmachern

Univ.-Prof.-Dr.-Helmut_Ofner
Der EuGH musste sich in einer aktuellen Entscheidung mit der Frage auseinandersetzen, ob im Falle des Bestehens eines potenziellen Fehlers bei einem medizinischen Gerät alle Produkte desselben Modells als fehlerhaft einzustufen sind. Konkret ging es um die Produkte eines Unternehmens, das Herzschrittmacher vertreibt. Wie sich in einer vom Unternehmen später selbst durchgeführten Qualitätskontrolle zeigte, konnten diese Produkte fehlerhaft sein und eine Gefahr für die Patienten darstellen. Der Hersteller empfahl deshalb, die den Patienten implantierten Schrittmacher durch andere, kostenlos zur Verfügung gestellte Schrittmacher zu ersetzen.

Nach Durchführung des Gerätetausches machten die Versicherer der Patienten vom Hersteller die Erstattung der Kosten im Zusammenhang mit den Eingriffen aus dem Titel der Produkthaftung geltend. Der deutsche BGH fragte den EuGH, ob die ausgetauschten Geräte im vorliegenden Fall selbst dann als fehlerhaft eingestuft werden können, wenn beim konkret getauschten Gerät kein Fehler festgestellt wurde. Der EuGH entschied, dass die in Rede stehenden medizinischen Geräte in Anbetracht ihrer Funktion und der Verletzlichkeit der sie nutzenden Patienten besonders hohen Sicherheitsanforderungen unterliegen. Der Gerichtshof entschied daher, dass bei Feststellung eines potenziellen Fehlers eines medizinischen Geräts alle Produkte desselben Modells als fehlerhaft eingestuft werden können, ohne dass der Fehler des Produkts in jedem Einzelfall nachgewiesen zu werden braucht. Weiters sei klar, dass es sich bei den Kosten im Zusammenhang mit dem Austausch der Herzschrittmacher, der auf die vom Hersteller selbst ausgesprochenen Empfehlungen zurückgeht, um einen Schaden handelt, für den der Hersteller nach der Richtlinie haftet.

Um den Inhalt zu sehen, müssen Sie sich einloggen oder registrieren.