Folgen einer Verletzung der Dokumentationspflicht

In einer aktuellen Entscheidung musste sich der OGH mit der rechtlichen Bedeutung der ärztlichen Dokumentationspflicht auseinandersetzen. Im konkreten Fall hätte bei der Wiederaufnahme eines Patienten mit Insultverdacht eine „normale klinische Aufnahmeuntersuchung“ erfolgen müssen, die auch eine „grob neurologische Untersuchung“ beinhaltet hätte. Eine solche Untersuchung wurde jedoch nicht dokumentiert.

Foto: Barbara Krobath

Der OGH hielt zunächst grundsätzlich fest, dass die Verletzung der ärztlichen Dokumentationspflicht dazu führt, dass dem Patienten zum Ausgleich der durch hierdurch eingetretenen größeren Schwierigkeiten, einen ärztlichen Behandlungsfehler nachzuweisen, eine der Schwere der Dokumentationspflichtverletzung entsprechende Beweiserleichterung zugutekommt. Dies solle für die Prozessführung eine gerechte Rollenverteilung im Arzt-Patienten-Verhältnis schaffen. Die unterlassene Dokumentation einer Maßnahme begründe die Vermutung, dass diese vom Arzt auch nicht vorgenommen wurde. Im konkreten Fall kam der OGH zum Ergebnis, dass nicht festgestellt werden konnte, ob bei Wiederaufnahme des Patienten eine (lege artis erforderliche) normale klinische Aufnahmeuntersuchung samt grob neurologischer Untersuchung stattgefunden hat. Daraus sei zu folgern, dass die nicht dokumentierte Maßnahme auch tatsächlich nicht vorgenommen wurde.

Für den Nachweis der Kausalität zwischen Behandlungsfehler und Gesundheitsschaden genüge, dass die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts durch den Fehler der Ärzte nicht bloß unwesentlich erhöht wurde. Dies gelte auch dann, wenn dem Patienten eine Maßnahme vorenthalten wird, die dem in Fachkreisen anerkannten Standard der besten Versorgung entspricht. Eine Lysetherapie verbessert die Chancen für ein Überleben mit gutem neurologischen Erfolg von 30,1 Prozent auf 35,3 Prozent, (also um rund 17 Prozent oder 5,2 Prozentpunkte) und sei daher nicht unwesentlich. Den Beklagten obliege somit der Nachweis, dass das ärztliche Fehlverhalten mit größter Wahrscheinlichkeit für den Schadenseintritt unwesentlich geblieben ist.

Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin CliniCum innere