16. Nov. 2023Forschung

ECNP: Mögliche Erklärung für die verzögerte Wirksamkeit von Antidepressiva

Die Verzögerung der therapeutischen Wirkung von Antidepressiva ist ein Rätsel, seit sie vor über 50 Jahren zum ersten Mal entdeckt wurde. Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs) zeigen typischerweise erst nach Wochen eine Verbesserung der psychischen Gesundheit. Auf dem 36. Kongress des European College of Neuropsychopharmacology (ECNP) in Barcelona vorgestellte Forschungsergebnisse werfen Licht auf die zugrundeliegenden Mechanismen, die zu diesem Phänomen beitragen.1,2

Science and medicine abstraction with neurons transmitting synapse signal. Neural system with impulse going through nerve cell. Generated AI.
swillklitch/AdobeStock

Die randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Studie wurde von einer Gruppe von Forschenden aus Kopenhagen, Innsbruck und der University of Cambridge durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, dass sich über die ersten Wochen der SSRI-Einnahme physische Veränderungen im Gehirn vollziehen, die zu einer erhöhten Plastizität des Gehirns führen. Diese Erkenntnis könnte einen Mechanismus zur Erklärung der antidepressiven Wirkung von SSRIs darstellen.

In der Studie wurden 32 gesunde Teilnehmende entweder auf Escitalopram (17) oder Placebo (15) randomisiert. Durch eine bildgebende Untersuchung des Gehirns mittels Positronen-Emissions-Tomographie (PET) nach 3–5 Wochen SSRI-Einnahme konnten die Forscher signifikante Unterschiede in der Entwicklung der Synapsendichte zwischen der SSRI-Gruppe (20mg täglich Escitalopram) und der Placebo-Gruppe feststellen. Die Synapsendichte wurde anhand der Menge des Proteins synaptischer Vesikelglykoprotein 2A gemessen. In den Bereichen des Neokortex und des Hippocampus, die für Depressionen relevant sind, stellten die Forschenden eine allmähliche Zunahme der Synapsendichte bei den Patientinnen und Patienten unter SSRIs im Vergleich zur Placebo-Gruppe fest.

Die Ergebnisse weisen auf zwei Haupterkenntnisse hin: Erstens könnten SSRIs die Synapsendichte in den für Depressionen entscheidenden Hirnregionen erhöhen. Dies könnte darauf hindeuten, dass die Synapsendichte im Gehirn eine Rolle bei der Funktionsweise dieser Antidepressiva spielt und somit ein potenzielles Ziel für die Entwicklung neuer Medikamente gegen Depressionen darstellt. Zweitens legen die Daten nahe, dass sich Synapsen über Wochen aufbauen, was die zeitliche Verzögerung der Wirkung dieser Medikamente erklären könnte.

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