11. Mai 2021Die praktische Frage

Wie aktives Zuhören die Patient:innen zum Reden bringt

Über die Besonderheit des Arzt- und Patientengespräches ist sehr viel nachgedacht und noch mehr geschrieben worden. Aus unseren Patient:innenbefragungen und den vielen Gesprächen mit meiner medizinischen Klientel lassen sich mehrere Grundvorgaben ablesen, die die Qualität einer informativen Arzt-Patienten-Kommunikation bestimmen.

Mann hält seine Hand nahe Ohr und hört sorgfältig isoliert auf grauem Wandhintergrund zu
iStock/SIphotography

Der Ort der Kommunikation muss als „Sprech“zimmer erkennbar sein. Entweder holen der Arzt oder die Ärztin den/die Patient:in an der Tür im Wartebereich ab oder die Mitarbeiter:innen schicken die Patient:innen weiter.

Bei der Begrüßung müssen die Konzentration und die Präsenz des Arztes beziehungsweise der Ärztin spürbar sein. Er oder sie signalisieren der Umgebung, dass sie ausschließlich auf ihre Gesprächspartner:in konzentriert sind.

Ich weiß, dass dabei der Blick in die Patient:innenakte kaum unterbleibt. Aber machen Sie Patient:innen und nicht den PC zu Adressat:innen Ihrer Aufmerksamkeit. Im Idealfall ist der Besprechungstisch frei von Geräten und Unterlagen: kein Computer, keine Akten. Klient:innen erzählen mir, dass sie ihre handschriftlichen Notizen später einscannen lassen und der Patient:innenakte beifügen.

Natürlich gilt es, Störungen zu unterbinden. Es gibt keine Unterbrechungen durch das Assistenzpersonal, das Handy ist aus. Teammitarbeiter:innen lernen rasch, sich auf diese Gewohnheit einzustellen.

Aktives Zuhören bedeutet zunächst einmal: schweigen. Jede/r Besucher:in eines Kommunikationsseminars musste feststellen, dass dies sehr schwierig ist. Es fällt schwer, sich nicht verpflichtet zu fühlen, lange Pausen mit Füllsätzen zu überbrücken. Patient:innen reagieren manchmal verstört darauf, finden aber leichter zum Kern ihrer Probleme. Dauerquassler:innen sind dabei seltener als gemeinhin angenommen – und können leicht zu einem Stopp überredet werden.

Zum aktiven Zuhören gehört aber auch, nachzufragen und Klarstellungen zu suchen. Gute Medizinerinnen und Mediziner sind immer gute Zuhörer:innen.

Mag. Iris Kraft-Kinz
MEDplan, 1120 Wien
Tel. 01/817 53 50-260
www.medplan.at

Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune