ÖGK: Gewerkschafter fordert Hilfspaket für Gesundheit wegen herber Verluste
Durch die hohe Arbeitslosigkeit und Stundungsmöglichkeiten für Unternehmen rechnen die Sozialversicherungen mit massiven Beitragseinbußen. Andreas Huss, Arbeitnehmer-Obmann und Vize der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), fordert erneut, dass die Regierung die aufgerissenen Löcher stopft – doch das Sozialministerium bremst vorerst ein und will die Prognose Mitte August abwarten.
Er gehe von einem Defizit in Höhe von 600 Millionen Euro bis zu einer Milliarde Euro allein für die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) aus, warnt ÖGK-Vize Andreas Huss, sozialdemokratischer Gewerkschafter und ab 1. Juli 2020 Obmann der ÖGK, in Medienberichten Anfang dieser Woche. Die Corona-Maßnahmen seien sinnvoll gewesen, hätten aber zu Beitragsausfällen wegen der hohen Arbeitslosigkeit und der gesetzlich festgelegten Stundungsmöglichkeiten für Betriebe geführt. Der Bund soll die Beitragsausfälle ersetzen, fordert Huss in den „OÖNachrichten“, es müsse neben Paketen für Wirtschaft, Tourismus oder Künstler auch eines für die Gesundheit geben.
Auch im „Kurier“ verlangt Huss, dass es ein Hilfspaket für das Gesundheitssystem und seinen Patienten geben müsse, wenn es auch Hilfspakete für Betriebe, Künstler, Wirte, Familien oder zuletzt die AUA gebe, „die alle ihre Berechtigung haben“. ÖKG-Generaldirektor Mag. Bernhard Wurzer verweist in diesem Zusammenhang auf eine „völlig abnormale Situation“, die noch nie da gewesen sei, und derzeit noch niemand sagen könne, wie hoch der Finanzbedarf am Ende ausfalle werde.
Rückstände der Betriebe auf 2,6 Mrd. Euro angewachsen
Bereits Ende Mai erläuterte Wurzer im Gespräch mit der APA, dass allein im April den Unternehmen um 187,8 Millionen Euro oder 5,31 Prozent weniger an Beiträgen für die Erwerbstätigen vorgeschrieben wurde als im April des Vorjahres. Grund dafür seien die stark gestiegene Arbeitslosigkeit und die gesunkene Beschäftigung gewesen. Weiters lagen, laut Wurzer, schon im März die Rückstände, die die Dienstgeber bei den Krankenkassen für ihre Mitarbeiter haben, bei 1,77 Milliarden Euro. Diese seien laut Prognose im April auf 2,6 Milliarden Euro angewachsen.
Als Grund dafür nennt Wurzer auch die Möglichkeit einer verzugszinsenfreien Stundung der Sozialversicherungsbeiträge für die Unternehmer wegen der Corona-Krise. Wie viel von diesen Forderungen die Sozialversicherungen abschreiben müssen und wie viel sie noch einheben können, lasse sich aber noch nicht sagen. Der ÖGK-Generaldirektor sieht aber eine „leichte Trendwende“, da es zuletzt wieder mehr An- als Abmeldungen von Beschäftigten gegeben habe.
Die traditionell für den 15. Mai geplante Gebarungsvorschau ist heuer wegen Corona entfallen. Bei der letzten Prognose vom 15. Februar – zehn Tage, bevor in Österreich die ersten Corona-Fälle gemeldet wurden – hatte die ÖGK mit einem Bilanzverlust von 175,3 Millionen Euro für 2020 prognostiziert, mit einem Anstieg auf insgesamt 544 Millionen Euro bis 2024.
Sozialministerium: August abwarten, keine Kürzungen bei Leistungen
Die Forderung von Huss nach einer Geldspritze durch den Bund wurde laut den „OÖNachrichten“ zumindest von Oberösterreichs ÖVP und FPÖ unterstützt: Das „Einnahmenloch“ gefährde die Versorgungssicherheit, sagt Oberösterreichs VP-Klubobfrau Mag. Helena Kirchmayr. Auch FP-Landtagsklubchef Herwig Mahr ortet Bedarf für eine „kräftige Finanzspritze“ des Bundes. „Wir rechnen mit der nächsten Vorschau der Zahlen Mitte August“, wird Sozial- und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) laut dem Bericht zitiert. Erst nach dieser ersten seriösen Prognose werde man die „notwendigen politischen Gespräche führen und darauf aufbauend politische Entscheidungen treffen“. Leistungsreduktionen werde es nicht geben, versichert Anschober einmal mehr.