2. Okt. 2018

Unterschätzte Metformin-Komplikation

Als typischen Fall stellte Priv.-Doz. Dr. Otto Tschritter vom Marienhospital Stuttgart im Rahmen einer Fortbildungstagung einen 71-jährigen Metformin-Patienten vor. Bei der stationären Aufnahme klagte dieser über eine Diarrhö, die aufgrund einer vorangegangenen Antibiotikatherapie als Clostridien­enteritis gedeutet wurde. Die Labordiagnostik ergab ein akutes prärenales Nierenversagen (Kreatinin 12,11 mg/dl) sowie eine Laktatazidose (pH 7,09, Laktat 5,3 mmol/l).
Unter dem dringenden Verdacht auf eine Metformin-assoziierte Laktatazidose wurde das Biguanid umgehend abgesetzt und eine kontinuierliche Hämodialyse eingeleitet. Gegen die Clostridienenteritis erhielt der Patient außerdem Me­tronidazol. Der ein bis zwei Wochen nach der Blutentnahme eintreffende Metformin-Spiegel bestätigte die Diagnose. Er war mit 33,6 mg/l deutlich erhöht, der Normbereich liegt bei 0,1–1,3 mg/l, toxisch sind Werte ab 5–10 mg/l.
In der Praxis lässt sich die Met­formin-assoziierte Laktatazidose (MALA) anhand von drei Kriterien identifizieren: akutes (prärenales) Nierenversagen, Laktatazidose und fortgesetzte Metformin-Einnahme. Anhand dieser Kriterien eruierten Tschritter und seine Kollegen sieben Patienten, die seit 2013 im
Marienkrankenhaus wegen einer MALA behandelt wurden. Fast alle litten im Vorfeld unter Erbrechen und/oder Diarrhö. Außerdem hatten sämtliche Patienten ein akutes (prärenales) Nierenversagen. Bei sechs von ihnen befand sich die eGFR vorher im Normbereich, nur einer hatte eine chronische Niereninsuffizienz (Stadium 3).
Das Tückische: Die MALA wird häufig durch zusätzliche Begleit­erkrankungen überdeckt, die auch alleine die Beschwerden erklären könnten. Die Mortalitätsrate der Laktatazidose ist hoch, vier der sieben Stuttgarter Patienten verstarben; zu den Überlebenden zählte der genannte 71-jährige Patient.
Die Häufigkeit der Erkrankung wird vermutlich noch unterschätzt, so Tschritter. Am Marienkrankenhaus rechnete man mit einem Fall auf 4.000 internistisch aufgenommene Notfallpatienten. In Zukunft könnte die MALA sogar häufiger auftreten. Denn Metformin ist inzwischen bis zu einer GFR von 30 ml/min zuge­lassen.

Risikopatienten vorwarnen

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