29. Okt. 2024Über die Wirkung

Was macht Nikotin im Körper?

Nikotin, ein Alkaloid, das vorwiegend von Tabakpflanzen gebildet wird, beeinflusst
zahlreiche Prozesse in Körper und Gehirn. Einige Fakten über das Alkaloid.

Aufgestapelte Zigaretten.
Foto: Klaus Eppele/AdobeStock

Das Alkaloid Nikotin wird vorwiegend von der Tabakpflanze und in geringerer Konzentration auch von anderen Nachtschattengewächsen zur Abwehr von Fressfeinden gebildet. Die Substanz mit der chemischen Summenformel C10H14N2 beeinflusst zahlreiche Prozesse in Körper und Gehirn.

Wirkungen von Nikotin

Nikotin bindet im menschlichen Körper an nikotinerge Acetylcholinrezeptoren (Nikotinrezeptoren), die sich im Gehirn, auf Ganglien des autonomen Nervensystems, im Nebennierenmark und auf motorischen Endplatten – den Verbindungsstellen zwischen Nerv und Muskel – befinden. Auf diese Weise beeinflusst es zahlreiche physiologische Vorgänge: Nikotin aktiviert das sympathische Nervensystem, das durch vermehrte Ausschüttung des Neurotransmitters Noradrenalin unter anderem den Blutdruck und die Herzschlagfrequenz steigert. Die Substanz zügelt den Appetit und erhöht den Ruheenergieverbrauch, wodurch die Nahrungsaufnahme zurückgeht. Nikotin aktiviert auch die Darmtätigkeit und fördert die Sekretion des Hormons Adiuretin, was die Urinproduktion reduziert. Weiters fördert das Alkaloid die Blutgerinnung und stimuliert die Atmung. Durch die Erregung von Schmerzrezeptoren erhöht es die Schmerzempfindlichkeit.

Hohes Suchtpotenzial

Im Gehirn fördert Nikotin die Freisetzung mehrerer Neurotransmitter. Aufgrund der dadurch ausgelösten Prozesse entsteht eine psychische Abhängigkeit von Nikotin. Nikotin gehört zu den Substanzen mit dem höchsten Suchtpotenzial. Weil sich der Körper an das Nikotin gewöhnt und immer mehr Nikotinrezeptoren bildet, die nach Sättigung verlangen, sind immer größere Mengen an Nikotin notwendig, um eine Wirkung zu erzielen oder um die Entzugssymptome zu unterdrücken. Indem das Alkaloid an Nikotinrezeptoren auf Dopaminneuronen im ventralen tegmentalen Areal (VTA) bindet, wird im Belohnungszentrum des Gehirns (Nucleus accumbens) die Freisetzung von Dopamin stimuliert. Es kommt zu einem erhöhten Dopaminspiegel im Belohnungszentrum. Um den Dopaminspiegel auf diesem Niveau zu halten, entsteht ein zwingendes Verlangen nach Nikotin. Verstärkt wird dies durch die nikotinbedingte Freisetzung von zwei weiteren Neurotransmittern in diesen Hirnregionen: Gamma-Aminobuttersäure (GABA) und Glutamat. „Die Wirkungen des Nikotins im Gehirn sind ein entscheidender Grund dafür, dass ein Mensch überhaupt raucht, dass er abhängig werden kann und dass ein Rauchstopp so schwerfällt“, schreibt das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) in einem Paper über die pharmakologische bzw. physiologische Wirkung von Nikotin.*

Gleichzeitig stimulieren andere Dopaminbahnen einen Bereich im präfrontalen Cortex, der an Lernvorgängen beteiligt ist. Auf diese Weise wird Rauchen mit bestimmten Situationen, Handlungen und Empfindungen in Verbindung gebracht. Diese Konditionierung macht den Rauchstopp so schwierig, weil bestimmte Alltagssituationen genügen, um das Verlangen nach einer Zigarette hervorzurufen. Während die körperlichen Entzugserscheinungen nach der letzten Nikotinaufnahme meist binnen Wochen zurückgehen, kann die psychische Abhängigkeit noch jahrelang bestehen bleiben.

Keine krebserregende Substanz

Sehr große Mengen Nikotin sind giftig: 30–60mg reines Nikotin gelten bei oraler Zufuhr als tödlich. Bei Kindern führt etwa das Verschlucken einer einzigen Zigarette bereits zur schweren Vergiftungserscheinungen. Trotz seiner unbestrittenen Toxizität ist es allerdings nicht das Nikotin, das zu den mit dem Rauchen verbundenen Gefahren für die Gesundheit führt, wie das DKFZ in Heidelberg betont: „Die schweren, oftmals tödlich endenden gesundheitlichen Schäden, die Rauchen verursachen kann, wie Krebs, Herzinfarkt, Schlaganfall, chronisch obstruktive Lungenerkrankungen (COPD) entstehen nicht durch Nikotin, sondern durch die Vielzahl der giftigen und krebserzeugenden Substanzen im Tabakrauch.“