15. März 2024Detektivarbeit gefragt

ÖGN: Seltene Antikörper im Gehirn

Zahlreiche spezifische neurologische Syndrome und Erkrankungen sind mit dem Auftreten von Antikörpern gegen Strukturen im zentralen Nervensystem assoziiert. Einige dieser Erkrankungen sind sehr selten und/oder unterdiagnostiziert. In manchen Fällen wird die dahinterstehende Pathophysiologie zunehmend besser verstanden, woraus sich zuweilen auch die Entdeckung neuer neuroimmunologischer Erkrankungen und damit oft auch eine verbesserte Behandelbarkeit ergibt.

Virus Schutz. Impfstoffsuche. Antikörper und Virusinfektion. Immunabwehr des Körpers. Angriff auf Antigene 3D-Illustration
Siarhei/AdobeStock

Als ein Beispiel für den Forschungsfortschritt bei autoimmunen neurologischen Erkrankungen nennt Univ.-Prof. Dr. Romana Höftberger von der Medizinischen Universität Wien die limbische Enzephalitis, die zumeist mit dem Auftreten von Anti-LGI1 und daneben auch einigen weiteren Antikörpern assoziiert ist. Klinisch werden Bewusstseinsstörung, kognitiver Abfall, Myoclonus, Anfälle und Dyskinesien beschrieben. Ein Teil der Betroffenen wurde jedoch als seronegativ eingestuft1, womit sich die Frage ergab, ob hier tatsächlich kein Autoimmungeschehen vorliegt oder ob bislang unbekannte und von den verfügbaren Assays nicht erfasste Antikörper involviert sind. Tatsächlich wurde bei einigen Patientinnen und Patienten ein Antikörper gegen Neurexin beschrieben, der mit einer limbischen Enzephalitis assoziiert ist. Wobei Höftberger hinzufügt, dass man nach wie vor nicht genau weiß, wie häufig diese Erkrankung ist, da nach wie vor keine kommerziell verfügbaren Tests für diesen Antikörper erhältlich sind. Die Entdeckung der Antikörper gegen Neurexin hat auch praktische Konsequenzen, denn Betroffene sprechen sehr gut auf Immuntherapie an. Ein Zusammenhang mit Infektionen bzw. Impfungen wird diskutiert. Bislang wurde ein Auftreten von Antikörpern gegen Neurexin beispielsweise nach Malaria- oder Covid-Erkrankungen, aber auch nach Gelbfieber- und Covid-Impfungen beobachtet.

Im Fall der zerebellären Ataxie wurden in den vergangenen Jahren zahlreiche neue Antikörper entdeckt, die für dieses Krankheitsbild verantwortlich sein können. Typisch für eine autoimmune zerebelläre Ataxie sind unter anderem ein subakuter Beginn, Liquorpleozytose und in der MRT eine auf das Kleinhirn beschränkte akute Entzündung. Häufig beginnt die Symptomatik entweder kurz nach einer Infektion oder im Gefolge einer onkologischen Erkrankung.2 Nicht immer werden bekannte Antikörper gefunden, was unter anderem daran liegen kann, dass die verantwortlichen Antikörper noch nicht bekannt sind. So wurden erst vor wenigen Jahren Antikörper gegen den Rezeptor GluK2 (Glutamat Kainat Rezeptor) identifiziert.3 Auch am Wiener AKH wurden mittlerweile 2 Fälle dieses sehr seltenen autoimmunen Syndroms beschrieben.

MOG-assoziierte Erkrankung mit Kleinhirn-Symptomatik

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