Klare Impfempfehlung
Welchen Nutzen und welche Risiken haben die SARS-CoV-2-Impfungen aus neurologischer Sicht? Und was ist bei
der Impfung von Patienten mit chronischen neurologischen Erkrankungen zu beachten?
Derzeit werden weltweit 88 Impfstoffe gegen COVID-19 klinisch getestet, weitere 184 sind in präklinischer Entwicklung (Stand: 16.4.21). Bei den vier Impfstoffen, die bisher in der EU eine bedingte Zulassung erhalten haben, handelt es sich um zwei mRNA-Impfstoffe (BioNTech/Pfizer und Moderna) und zwei vektorbasierte Vakzine (AstraZeneca und Johnson & Johnson). Einschließlich der weiteren (USA, China, Russland, Indien) zugelassenen Corona-Impfstoffe wurden weltweit bereits 860 Millionen Impfdosen verabreicht. Österreich liegt mit >2,3 Millionen verabreichten Impfungen im europäischen Mittelfeld (Stand: 15.4.21).
Die Impfungen sind aus neurologischer Sicht schon deshalb von großem Interesse, weil das Nervensystem zusammen mit Herz und Niere zu den Organsystemen gehört, die neben der Lunge besonders von einer SARS-CoV-2-Infektion betroffen sind. Die Palette neurologischer Manifestationen der Erkrankung ist breit und reicht von der weitverbreiteten Hyp- oder Anosmie und Kopfschmerzen bis zu Enzephalopathien, Schlaganfällen und postviralen Autoimmunerkrankungen. Immer klarer wird auch, dass die Infektion bei einem nicht unbeträchtlichen Teil der COVID-19-Patienten neurologische Langzeitauswirkungen hat, deren Dauer noch nicht abschätzbar ist.
Typische Beschwerden dieser „Long Haulers“ oder Long-Covid-Patienten sind eine Fatigue-Symptomatik, Kopfschmerzen, Schlaf- und Konzentrationsstörungen und ein Persistieren der Geruchs-und Geschmacksstörung. Bei einer Risiko-Nutzen-Abwägung sprechen die Zahlen ganz klar für die Impfung: Mögliche neurologische Nebenwirkungen der Vakzination stehen in keinem Verhältnis zur Häufigkeit neurologischer Komplikationen im Rahmen der Infektion.