Physiotherapie kann Atemnot bei Long Covid lindern
Long Covid stellt die medizinische Welt vor neue Herausforderungen, insbesondere bei der Behandlung anhaltender Atemnot, die die Lebensqualität vieler Betroffener stark beeinträchtigt. Physiotherapie wird als vielversprechender Ansatz diskutiert, doch fehlen bisher klare wissenschaftliche Empfehlungen.
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Dyspnoe gehört zu den häufigsten und langanhaltenden Symptomen des Long-Covid-Syndroms. Sie beeinträchtigt die Lebensqualität der Betroffenen erheblich und fördert Angstzustände sowie posttraumatische Belastungsstörungen. Physiotherapie wird häufig als Behandlungsansatz empfohlen, doch fehlen bislang ausreichende wissenschaftliche Belege für ihre Wirksamkeit.
In einer systematischen Literaturrecherche bis Juli 2023 untersuchten Wissenschaftler um Christophe Romanet, Groupe Hospitalier Saint Joseph, Paris, vergleichende Studien zur Physiotherapie bei Erwachsenen mit anhaltender Atemnot nach einer SARS-CoV-2-Infektion. Die Analyse umfasste 19 Studien mit insgesamt 1292 Teilnehmern, darunter 15 randomisierte kontrollierte Studien und 4 nichtrandomisierte kontrollierte Studien. Die Probanden, im Durchschnitt 49 Jahre alt und mit einem Body-Mass-Index von 28 kg/m², erhielten eine Behandlung über durchschnittlich sechs Wochen.
Standardisierter Ansatz scheint notwendig
Die Rehabilitationstherapien wurden in vier Kategorien unterteilt:
- hochintensive Rehabilitation (u. a. Dauer ≥ 45 Minuten, aerobes Training mit angestrebter Dyspnoe von 4–6/10 auf der Borg-Skala und 60–70% der Spitzenleistung)
- niedrig- bis moderatintensive Rehabilitation (u. a. Dauer < 45 Minuten, aerobes Training ohne spezifische Zielwerte für Dyspnoe und Spitzenleistung)
- Training der Atemmuskulatur (u. a. inspiratorisches und exspiratorisches Muskeltraining, tiefe Atemübungen, singen)
- andere Ansätze (passive Behandlungen wie z.B. Ultraschall, passives Dehnen, Akupunktur)
Die untersuchten Methoden wiesen eine hohe Heterogenität auf, da sowohl zwischen als auch innerhalb der Kategorien unterschiedliche Ansätze verwendet wurden. Dennoch zeigte das Random-Effects-Modell einen signifikanten positiven Effekt der Physiotherapie auf die Dyspnoe.
Eine Untergruppenanalyse ergab, dass nur die Gruppe mit hochintensiver Rehabilitation signifikante Verbesserungen erreichte, wobei in dieser Kategorie keine Heterogenität auftrat. Andere Gruppen, darunter niedrig- bis moderatintensive Rehabilitation und Atemmuskeltraining, lieferten keine signifikanten Ergebnisse und zeigten eine hohe Heterogenität.
Die Ergebnisse der Analyse belegen, dass Physiotherapie und insbesondere hochintensive Rehabilitation wirksam sind, um Atemnot bei Long-Covid-Patienten kurzfristig zu lindern. Niedrigintensive Ansätze sowie Atemmuskeltraining zeigten hingegen weniger eindeutige Effekte. Dies deutet darauf hin, dass ein standardisierter Ansatz in der Physiotherapie notwendig ist, um klare, evidenzbasierte Leitlinien für die Behandlung von Long-Covid zu entwickeln.
Die Autoren empfehlen, sich in künftigen Studien zur Physiotherapie darauf zu konzentrieren, die Heterogenität sowohl in den Interventions- als auch in den Kontrollgruppen zu verringern, mehrdimensionale Dyspnoe-Modelle zu verwenden, um weiter zu untersuchen, welche Technik für eine bestimmte Einzelperson am besten geeignet wäre, und sich zu bemühen, die durchgeführte Intervention genau zu beschreiben.