3. Feb. 2025Evidenz in der Allgemeinmedizin

Keine Belege für Schutzfunktion durch Vitamin-D-Gabe bei COPD

Ein aktueller Cochrane-Review hat untersucht, ob eine Vitamin-D-Supplementierung vor Krankheitsschüben bei COPD schützt, ob sich damit die Symptome besser kontrollieren lassen und ob das Nebenwirkungsrisiko vertretbar ist.

Lunge
Paul/AdobeStock

Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) zählt zu den häufigsten chronischen Atemwegserkrankungen und ist weltweit die dritthäufigste Todesursache. Typisch bei COPD sind Exazerbationen: plötzliche und deutliche Verschlechterungen, die mit Atemnot, Husten und Veränderungen des Sputums einhergehen und einen Krankenhausaufenthalt erforderlich machen können.  

Mehr Vitamin D, weniger Schübe?

Bei Patientinnen und Patienten mit COPD ist ein niedriger Vitamin-D-Spiegel häufig. Dies hat zur Vermutung geführt, dass eine unzureichende Vitamin-D-Versorgung eventuell mit einer schlechteren Lungenfunktion und einem erhöhten Risiko für Exazerbationen zusammenhängt. Schützt die Supplementierung mit Vitamin D also vor den Krankheitsschüben und lassen sich dadurch die Symptome besser kontrollieren? Ist das Nebenwirkungsrisiko vertretbar?

Diese Fragen zu Wirksamkeit und Sicherheit hat ein aktueller Cochrane-Review untersucht und den aktuellen Stand des Wissens zusammengefasst. Dieser spricht nicht für eine routinemäßige Vitamin-D-Supplementierung bei COPD. Denn die Vitamineinnahme führt – kurz gesagt – nicht zu einer deutlichen Verminderung von mittelschweren bis schweren Exazerbationen, die den Einsatz von Kortison und/oder Antibiotika erfordern. Wahrscheinlich kommt es auch zu keiner spürbaren Verbesserung der Lungenkapazität. Immerhin ist das Risiko für schwere Nebenwirkungen vermutlich nicht erhöht.

In die systematische Übersichtsarbeit samt Metaanalyse sind die Daten aus zehn randomisierten Placebo-kontrollierten Studien mit 1372 Teilnehmenden eingeflossen. Sie waren vorwiegend zwischen 60 und 70 Jahre alt, ihre COPD war meist leicht bis mittelschwer ausgeprägt. Nur 123 hatten einen stark ausgeprägten Vitamin-D-Mangel (25(OH)D < 25 nmol/L).

Exazerbation im Zentrum

In den doppelt verblindeten Einzelstudien – durchgeführt zumeist in Hocheinkommensländern wie Neuseeland, Belgien und den USA – wurden folgende Endpunkte analysiert:

Akute Exazerbationen

  • Rate an moderaten bis schweren Exazerbationen: Vitamin-D-Supplementierung führt zu keinem oder nur einem geringen Unterschied im Vergleich zu Placebo (Rate Ratio [RR] 0,98; 95%-Konfidenzintervall [KI] 0,86 bis 1,11; 5 RCTs mit 980 Personen; hohe Vertrauenswürdigkeit der Evidenz).
  • Anteil der Personen mit mindestens einer Exazerbation im Studienzeitraum: Ebenfalls kein oder nur ein geringer Unterschied zwischen Vitamin D und Placebo (Odds Ratio [OR] 0,94; 95%-KI 0,72 bis 1,24; 5 RCTs mit 980 Personen; hohe Vertrauenswürdigkeit der Evidenz).

Lungenfunktion

  • Die exspiratorische Einsekundenkapazität (FEV1) verbessert sich wahrscheinlich in der Vitamin-D-Gruppe rein rechnerisch ein wenig (mittlere Differenz [MD] +2,82%; 95%-KI −2,42 bis +8,06; 7 RCTs mit 1063 Personen; mittlere Vertrauenswürdigkeit der Evidenz). Allerdings ist ein solcher Unterschied sehr klein und für die Betroffenen vermutlich nicht spürbar.

Unerwünschte Wirkungen

  • Schwerwiegende Nebenwirkungen: Wahrscheinlich treten diese in der Vitamin-D-Gruppe nicht häufiger auf (OR 1,19; 95%-KI 0,82 bis 1,71; 5 RCTs mit 663 Personen; mittlere Vertrauenswürdigkeit der Evidenz).
  • Gesamtmortalität: Möglicherweise keine oder nur eine geringe Zunahme des Risikos in der Vitamin-D-Gruppe (OR 1,13; 95%-KI 0,57 bis 2,21; 1019 RCTs mit 1019 Personen; niedrige Vertrauenswürdigkeit der Evidenz).

Lebensqualität

  • Vitamin-D hat möglicherweise keinen oder nur einen geringen Einfluss auf die Lebensqualität (narrative Zusammenfassung; 5 RCTs mit 663 Personen; niedrige Qualität der Evidenz).

Review

Dies sind nur einige Einblicke in den lesenswerten Review. Weitere Resultate finden Sie unter:
Williamson A et al. Vitamin D for the management of chronic obstructive pulmonary disease. Cochrane Database of Systematic Reviews 2024, Issue 9. Art. No.: CD013284 DOI: 10.1002/14651858.CD013284.pub2

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Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune