18. Juli 2023Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG) I

Hausgrillen mit Chili-Limetten-Geschmack

Bilder von Käfern oder Grillen auf Burger oder Schokolade polarisieren. Als pulverisierten Zusatzstoff bemerkt die Tierchen dagegen wohl kaum einer. Es sei denn, man ist allergisch.

Iss Käfer
wildpixel/GettyImages

Auch wenn sich viele Menschen davor ekeln – aus Insekten gewonnene Inhaltsstoffe sind in Nahrungsmitteln nicht selten. Seit Jänner 2023 darf Lebensmitteln neben Heuschrecken und Mehlwürmern auch entfettetes Hausgrillenpulver beigefügt werden – Fleischersatzprodukte können bis zu fünf Prozent Insektenpulver enthalten. Die Inhaltsstoffe in „novel foods“ müssen zwar deklariert werden, doch dieses Kleingedruckte überlesen viele.

Ein hoher Proteingehalt in nicht-fleischlichen Lebensmitteln kann ein möglicher Hinweis sein, so Prof. Dr. Silke Hofmann vom Zentrum für Dermatologie, Allergologie und Dermatochirurgie am Helios Universitätsklinikum Wuppertal. Möglicherweise müssen wir unseren Ekel aber auch überwinden. Insekten haben einen hohen Proteingehalt und sind reich an Omega-3- und -6-Fettsäuren sowie an wichtigen Mineralstoffen und Vitamin B12. Sie können nachhaltig bei geringem Wasser- und Platzbedarf produziert werden und sind als zusätzliche Nahrungsquelle angesichts des Klimawandels vielleicht bald unverzichtbar.

Bei Allergiker:innen führen Insektenbestandteile mitunter aber zu bösen Überraschungen, wie der Fall eines 27-Jährigen zeigte. Der Student hatte nach dem Verzehr von gerösteten Hausgrillen mit Chili-Limetten-Geschmack binnen einer Stunde Parästhesien an der Oberlippe und Flush im Gesicht entwickelt. Als er Tage später ein Reisgericht mit Garnelen aß, kam es innerhalb von 30 Minutenzu ähnlichen Symptomen und zusätzlich zu einer generalisierten Urtikaria.

Im Prick-zu-Prick-Test reagierte der Mann auf rohe Shrimps, Grillen natur und die verzehrten Snack-Grillen, der Pricktest fiel für Hausstaubmilben positiv aus. Die Serologie ergab ein erhöhtes Gesamt-IgE sowie IgE gegen Shrimps und Tropomyosin. Letzteres könnte der gemeinsame Nenner sein, da es sich um ein hitze- und magensäurestabiles Panallergen handelt, das sowohl in Insekten als auch in Schalentieren, Weichtieren und Milben vorkommt, so Hofmann.

Schalentier-Allergiker:innen müssen somit mit einer IgE-Kreuzreaktivität gegen Grillen, Wüstenheuschrecken und gelbe Mehlwürmer rechnen. Umgekehrt kann der bewusste oder unbewusste Verzehr von Insektenpulver zu einer Sensibilisierung führen und letzten Endes zu allergischen Reaktionen gegen Shrimps & Co. Schalentier- und Hausstaubmilbenallergiker:innen, aber auch Aller-golog:innen sollten sich dieser künftig wahrscheinlich immer relevanter werdenden Problematik bewusst sein, so die Dermatologin.

Tagung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG), Berlin, 29.4.23

Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin CliniCum derma