„Hör auf oder stirb“: Es geht auch anders
Da viele Raucher:innen – auch wenn es der beste Weg wäre – trotz Folgeerkrankungen wie COPD nicht von der Zigarette loskommen, forcieren Expert:innen neue Therapieansätze. Immer mehr Studien belegen den Nutzen von Schadensminimierung („Harm Reduction“).
Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD), die zu einer dauerhaften Verengung der Atemwege und der Zerstörung von Lungengewebe führt, ist für die Patient:innen mit massiven Einschränkungen der Lebensqualität verbunden. Allein in Europa werden die Kosten, die durch COPD verursacht werden, auf über 48 Milliarden Euro geschätzt. Neun von zehn COPD-Fällen gehen auf das Zigarettenrauchen zurück. „Der Rauchstopp ist die effektivste Maßnahme, um das Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern“, unterstreicht Prim. Univ.-Prof Dr. Wolfgang Popp vom Ordinationszentrum Döbling in Wien in einem Interview im European Medical Journal*. Dennoch lassen viele Patient:innen mit COPD nicht vom Glimmstängel: 54 bis 77 Prozent der Patient:innen mit leichter COPD (Schweregrad I) und 38 bis 51 Prozent der Patient:innen mit schwerer bzw. sehr schwerer COPD (Schwergrade III und IV) rauchen weiterhin Zigaretten.
Schadensminimierung durch Ersatzprodukte
„Trotz größter Anstrengungen schaffen es nur fünf bis acht Prozent der Raucher:innen, damit aufzuhören“, konstatiert Dr. Klara Szondy von der Abteilung für Pulmologie an der Semmelweis-Universität in Budapest in der genannten Publikation. Für jene, die den Rauchstopp nicht schaffen (oder diesen auch gar nicht wünschen) bieten sich Maßnahmen an, die unter dem Begriff „Harm Reduction“ (Schadensminimierung) zusammengefasst werden. Dieses Konzept ist bereits bei der Behandlung von Alkohol- oder Substanzabhängigkeit etabliert. Aufs Rauchen umgelegt bedeutet Schadensminimierung zum Beispiel die gezielte Reduktion des Zigarettenkonsums oder den Umstieg auf Ersatzprodukte wie die E-Zigarette oder Tabakerhitzer. Diese Produkte enthalten zwar nach wie vor die süchtig machende Substanz Nikotin und sind auch mit anderen Gesundheitsrisiken verbunden – insgesamt aber sind sie deutlich weniger schädlich als die herkömmliche Zigarette. „Unserer Erfahrung nach hören die von Lungenerkrankungen betroffenen Raucher:innen bald nach dem Umstieg auf Tabakerhitzer auf zu husten und zeigen eine rapide Verbesserung des intrapulmonalen Gasaustausches“, berichtet die ungarische Lungenfachärztin. Ihr österreichischer Kollege Popp betont, dass die daraus resultierenden Effekte (z.B. bessere körperliche Fitness, Verbesserung des Geschmackssinns) den Patient:innen die Vorteile vor Augen führen, die ein kompletter Nikotinverzicht mit sich bringt.