10. Okt. 2022Evidenz für die Allgemeinmedizin

Musikhören bei Schlaflosigkeit

Schlaflosigkeit betrifft weltweit Millionen von Menschen. Bleibt der Schlaf aus, kann das die Lebensqualität beeinträchtigen und die körperliche und geistige Gesundheit können darunter leiden. Musikhören ist als Schlafhilfe weit verbreitet, aber es ist unklar, ob es der Schlaflosigkeit bei Erwachsenen tatsächlich entgegenwirken kann. Ein Cochrane-Autor:innenteam aktualisierte einen Review aus dem Jahr 2015. Es analysierte die Auswirkungen von Musikhören auf den Schlaf von Erwachsenen, die von Schlaflosigkeit betroffen waren.

Nahaufnahme einer jungen Dame, die sich beim Musikhören ausruht
Geber86/GettyImages

Die Evidenz

Die Evidenz dieses Cochrane Reviews ergibt sich aus 13 randomisierten kontrollierten Studien mit insgesamt 1.007 Teilnehmer:innen. In den Studien wurde die Wirkung von Musikhören mit keiner oder einer gängigen Behandlung verglichen. Bei diesen Maßnahmenhandelte es sich entweder um eine Schlafhygieneerziehung (Aneignen einer Reihe von Ritualen, die den Schlaf fördern sollen) oder um eine Standardbehandlung für Teilnehmer:innen, bei denen die Schlaflosigkeit im Zusammenhang mit einer chronischen Erkrankung stand. Die Studien untersuchten den Einfluss des Hörens aufgezeichneter Musik für 25 bis 50 Minuten täglich, über eine Dauer von drei bis sechs Monaten hinweg. Die Evidenz des Cochrane Reviews ist aktuell bis Dezember 2021.

Ergebnisse

Nach dem Ende der Intervention ergaben sich für die Gruppen, die täglich Musik hörten, verglichen mit jenen ohne bzw. mit einer Standardbehandlung Hinweise auf eine verbesserte Schlafqualität (mittlere Differenz (MD) -2,79; 95% Konfidenzintervall (KI) -3,86 bis -1,72; moderates Vertrauen in die Evidenz). Die Schlafqualität wurde mit dem Pittsburgh Sleep Quality Index (PSQI) gemessen. Dessen Skala reicht von Null bis 21, wobei höhere Werte einen schlechteren Schlaf anzeigen.

Es ist nicht klar, ob sich Musikhören darauf auswirkt, wie ausgeprägt die Schlaflosigkeit ist (MD -6,96; 95% KI -15,21 bis 1,28; sehr geringes Vertrauen in die Evidenz). Die Intervention dürfte keinen Einfluss auf die wahrgenommenen Schlafunterbrechungen haben (MD -0,53; 95% KI -1,47 bis 0,40; niedriges Vertrauen in die Evidenz). Musikhören führt möglicherweise zu einer Verkürzung der Dauer, bis eine Person einschlafen kann (Latenzzeit) (MD -0,60; 95% KI -0,83 bis -0,37). Es kann eventuell Probleme mit der Gesamtschlafzeit (MD -0,69, 95% KI -1,16 bis -0,23) und der Schlafeffizienz (MD -0,96; 95% KI -1,38 bis -0,54) verbessern. Die Schlafeffizienz erfasst jene Zeit, die eine Person tatsächlich schläft, verglichen mit der Zeit, die sie insgesamt im Bett verbringt. Das Vertrauen in die Evidenz stuften die Autor:innen des Cochrane Reviews für alle drei Aspekte als niedrig ein. Keine der Studien, die eingeschlossen wurden, berichtete über unerwünschte Ereignisse.

Schlussfolgerung

Die Ergebnisse dieses Cochrane Reviews deuten darauf hin, dass Musik die subjektive Schlafqualität bei Erwachsenen, die Symptome von Schlaflosigkeit aufweisen, wirksam verbessern kann. Weitere Studien sind erforderlich, um die Auswirkungen von Musikhören auf andere Aspekte im Kontext von Schlaf zu ermitteln sowie die Effekte von Schlaflosigkeit auf Aktivitäten tagsüber zu untersuchen.

Weitere Details finden Sie im zugehörigen Cochrane Review:
Jespersen KV, Pando-Naude V, Koenig J, Jennum P, Vuust P. Listening to music for insomnia in adults. Cochrane Database of Systematic Reviews 2022, Issue 8. Art. No.: CD010459. DOI: 10.1002/14651858.CD010459.pub3.

Ass. Prof.in Isolde Sommer, PhD
©  Andrea Reischer

Ass. Prof.in Isolde Sommer, PhD,
Zentrum Cochrane Österreich,
Donau-Universität Krems.

Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune