Rasagilin-Rückruf: Nur einzelne Charge betroffen, keine akute Gesundheitsgefahr
Erst kürzlich hat die Europäische Arzneimittelbehörde EMA die Grenzwerte für Nitrosamin-Verunreinigungen in Arzneimitteln aktualisiert, kurz nachdem es in Deutschland zu einem Rückruf aufgrund von N-Nitroso-Rasagilin gekommen war. In Österreich erwartete die Arzneimittelbehörde AGES deswegen keine vermehrten Rückrufe, wir berichteten hier. Prompt kam es aber nun auch hierzulande zu einem Rückruf einer Rasagilin-Charge. Wir fragten wieder nach – die AGES bleibt bei ihrer Einschätzung und warnt vor einem eigenmächtigen Absetzen des Parkinson-Präparats.
Mitte Mai wurden in Deutschland bestimmte Chargen von „Rasagilin Heumann 1 mg“ zurückgerufen. Grund waren wirkstoffähnliche Nitrosamin-Verunreinigungen, sogenannte NO-API (active pharmaceutical ingredient), wie die Deutsche Apotheker Zeitung (DAZ) berichtete. Nur wenige Tage später, am 20. Mai, veröffentlichte die EMA ein neues „Frage- und Antwort“-Dokument. In diesem ist erstmals auch ein Grenzwert für „N-nitroso-rasagilene“ angegeben, nämlich 18 ng/Tag (= 0,018 Mikrogramm).
Rückruf nur auf Apothekenebene
Demnach wurde dieser Grenzwert jüngst in Österreich bei einer Charge von „Rasagilin Sandoz 1 mg“ überschritten. Denn das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) veröffentlichte am 13.06.2022, dass bei der genannten Charge (JZ6984) mit Verfalldatum 28.02.2023 „die Nitrosaminmengen oberhalb der zulässigen akzeptablen Tagesdosis liegen“. Der Rückruf erfolgte auf Apothekenebene.
Ein Blick in die Fachinformation sowohl bei Rasagilin Heumann als auch bei Rasagilin Sandoz zeigt, dass die gleichen Bestandteile angegeben werden – im Gegensatz zu anderen Generika. Daher fragte die Redaktion bei der AGES (Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH) Medizinmarktaufsicht bzw. deren Vollzugsorgan BASG nach, ob noch weitere Rasagilin-Präparate von NO-APIs, also Nitriten von den Hilfsstoffen bzw. Wirkstoff-Nitrosaminen, oder anderen potenziell kanzerogenen Nitrosamin-Verunreinigungen betroffen sein könnten.
Betroffene Charge vom Hersteller kontinuierlich ersetzt
„Derzeit sind dem BASG keine weiteren Rückrufe bezüglich Rasagilin bekannt“, so die Antwort der Behörde. Auch stelle die einzelne Charge, die von den Grenzwertüberschreitungen betroffen sei, „keine akute Gesundheitsgefahr für die Patient:innen dar“. Darum werde – wie schon bei Valsartan – vor einem eigenmächtigen Absetzen gewarnt. Und weiter: „Die betroffene Charge wird durch den Rückruf seitens des Herstellers kontinuierlich durch Chargen ersetzt, die die Grenzwerte einhalten.“
Auf die Frage, ob nicht auch die österreichische Behörde die NO-APIs so wie – dem oben zitierten DAZ-Artikel zufolge – die Behörden anderer Länder „verstärkt in den Fokus“ nehme und eventuell alternative Hilfsstoffe wie Vitamin C oder E empfehlen bzw. prüfen könnte, informiert das BASG: „Die Leitlinien zu Themen wie den Ursachen für die Bildung von Nitrosaminen, den Testanforderungen und den Grenzwerten für die zulässige Aufnahmemenge für neue Nitrosamine werden laufen überarbeitet und entsprechend dem Stand der Wissenschaft adaptiert.“
Insbesondere würden, heißt es weiter, diese Aktualisierungen den Erkenntnisgewinn aus dem schon länger laufenden „call for review“ bezüglich Nitrosamin-Verunreinigungen in humanen Arzneimitteln reflektieren. Im Zuge dieses „reviews“ sei es bereits gelegentlich zu Arzneimittelrückrufen gekommen und dies könne – wie schon bisher –auch weiterhin vor allem kurzfristig nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden.
Eventuell „mittel- bis langfristig“ weniger oder keine Rückrufe mehr
Dennoch bleibt das BASG – wie schon in unserem ersten Bericht (siehe auch hier) – bei seiner Einschätzung, dass es zu keiner Änderung der Rückrufe komme. Es könnte sogar sein, dass es künftig weniger oder gar keine Rückrufe wegen Nitrosamin-Verunreinigungen geben könnte: „Basierend auf den bisherigen Erfahrungen hält das BASG an der Einschätzung fest, dass auch durch die aktuelle Adaptierung des 'Frage & Antwort'-Dokumentes der EMA aus heutiger Sicht kein relevanter Einfluss auf Ärzt:innen bzw. Patient:innen zu erwarten ist. Denn auch das Wissen bezüglich der Vermeidung des Vorhandenseins von Nitrosamin-Verunreinigungen nimmt zu und Risiko-Evaluierungen werden laufend durchgeführt. Daher sollten Arzneimittelrückrufe aufgrund von Nitrosamin-Grenzwertüberschreitungen mittel- bis langfristig geringer bzw. überhaupt vermieden werden können.“
Vorsorgeprinzip bei den Firmen
Abschließend versichert das BASG erneut, das aktualisierte „Frage & Antwort“-Dokument bezüglich Nitrosamin-Verunreinigungen bei seinen Tätigkeiten zu berücksichtigen, räumt aber auch ein: „Sollten weitere Firmen für weitere Produkte im Rahmen ihrer Meldeverpflichtung vereinzelt ebenfalls Grenzwertüberschreitungen feststellen, könnten im Zuge des Vorsorgeprinzips in Zukunft vereinzelt auch noch Rückrufe erfolgen.“